AMD bejubelt EU-Entscheidung gegen Intel
Von Bernd Kling am 14. Mai 2009
NetBits
AMD-Mitarbeiter begrüßen bloggend die Rekord-Kartellstrafe für Intel und hoffen auf ähnliche Schläge gegen Intel in den USA, Netbooks holen 20 Prozent des Marktes, eine Allianz will MySQL vor Oracle schützen und ein PC-Techniker geht hinter Gitter, weil er sich zu sehr für die Sexfotos eines Kunden interessierte.
Das und mehr im Netzblick des Tages.
„Power to the People (or, it’s About the Consumer, Stupid)“ jubelt AMDs Marketingchef Nigel Dessau schon in der Überschrift. Er erwartet einen umfassenden Wandel durch die EU-Entscheidung, die Intel für jahrelangen Missbrauch der dominanten Marktposition mit einer Milliarde Euro abstrafte. Die Entscheidung habe das Potenzial, die Industrie zu verwandeln, die bislang künstlich um einen Spieler organisiert war, der etwa ein Drittel des Materialwerts zu den Endprodukten beitrug, aber fast alle Gewinne kassierte. Der Markt könne sich jetzt auf die Wünsche des Verbrauchers ausrichten und nebenbei langfristig die Innovation beschleunigen. Durch die Öffnung des europäischen Marktes bekämen AMD und andere Produzenten wie VIA wieder Zugang zu den Verbrauchern, den ihnen Intel genommen hatte.
„Wow“, jubelt Pat Moorhead von AMD in einem weiteren Blog mit. „Ich versuche noch immer, mit den Nachrichten aus Brüssel klarzukommen.“ Nachdem er sich gefasst hat, legt er richtig los. Die Ermittler hätten nun in Japan, Korea und der Europäischen Union Beweise gesammelt, dass Intel Bestechung und gezielten Druck einsetze, um fortgeschrittenere Produkte und Innovationen von AMD zu blockieren, ganze Verbrauchersegmente und Vertriebskanäle dicht mache:
„Das fällt in die Kategorie Don Corleone, Leute. Das ist David gegen Goliath, während Goliath einen Schlagring in der einen und einen Ziegelstein in der anderen Hand schwingt.“
AMD hofft jetzt auf die Kartellbehörden der USA, um den Chip-Goliath zu entwaffnen. Gegenüber VNU wies Moorhead auf drei derzeit ausstehende Fälle in den USA hin, Untersuchungen durch die Handelsaufsicht FTC und den Staat New York sowie eine zivilrechtliche Klage. Die EU-Entscheidung könnte diesen Fällen mehr Gewicht verleihen:
„Wir hoffen, dass es Wirkung zeigt. Wir hoffen, dass die Schuldurteile in der EU, Japan und Korea ein Licht auf diese Verhaltensweisen werfen. Intel verhält sich, als wäre das Unternehmen zu groß und zu wichtig, um sich an Gesetze halten zu müssen.“
Allianz für MySQL
Mit einem Goliath namens Oracle hat die Entwicklergemeinde rund um die Open-Source-Datenbank MySQL zu tun. Nach der Übernahme von Sun Microsystems durch den Datenbankriesen Oracle befürchten viele von ihnen, Oracle könnte das für zahlreiche Internetanwendungen bedeutsame MySQL auf Abwege befördern. Monty Widenius, der Gründer von MySQL, kündigte mit der Open Database Alliance (ODA) ein anbieterneutrales Konsortium an. Die Organisation soll der „Fragmentation und Unsicherheit entgegenwirken, denen die Communities, Firmen und technischen Experten ausgesetzt sind, die für MySQL engagiert sind“.
Widenius hatte Sun verlassen, noch bevor Oracles Übernahmeabsichten bekannt wurden, und hat bereits Befürchtungen hinsichtlich Oracles Umgang mit MySQL geäußert. Er versucht die Entwicklergemeinde auf den MySQL-Entwicklungszweig MariaDB einzuschwören, den sein neues Startup-Unternehmen Monty Program Ab unterstützt. Dieser Fork könne sich zu MySQL verhalten wie das Fedora-Projekt zur Linux-Distribution von Red Hat.
Netbooks holen 20 Prozent
Im ersten Quartal 2009 waren Netbooks für 20 Prozent aller verkauften mobilen Computer gut, wie die Marktforscher der NPD Group ermittelten. Die EMEA-Regionen nahmen 45 Prozent aller ausgelieferten Netbooks auf, gefolgt von Nordamerika mit 26 Prozent.
Der mit Abstand führende Netbook-Anbieter ist noch immer Acer mit einem Marktanteil von 30,5 Prozent, das entspricht mehr als dem doppelten Marktanteil des Netbook-Pioniers Asus. Zum Erfolg Acers dürfte der integrierte SIM-Slot beigetragen haben. Europäische Netzbetreiber bieten seit letzten Sommer subventionierte, UMTS-fähige Netbooks an, US-Mobilfunker folgten im ersten Quartal 2009.
Computertechniker kopiert Sexfotos und geht ins Gefängnis
Der Techniker eines Computerladens in Hongkong konnte der Versuchung nicht widerstehen, als er das reparaturbedürftige Notebook des 24-jährigen Sängers und Schauspielers Edison Chen in die Finger bekam. Darauf gespeichert waren Sexfotos des Stars, während er sich mit einer Anzahl von Frauen vergnügte (nein, nicht gleichzeitig). Die expliziten Home-Porn-Fotos holte sich der Techniker, gelernt ist gelernt, obwohl sie verschlüsselt waren. Er kopierte sie, brannte sie auf CDs und verteilte sie an Kollegen. Wir ahnen es – sie fanden ihren Weg ins Internet und millionenfache Beachtung.
Die 1300 Fotos lösten einen gar nicht so kleinen Skandal aus, zumal die chinesische Sängerin und die Schauspielerin Cecilia Cheung nackt zusammen mit Chen zu sehen waren und damit die Anhänger dieser sich besonders sauber gebenden Popwelt desillusionierten. Chen musste sich öffentlich entschuldigen, entsagte fürs Erste seiner Karriere und setzte sich von Hongkong nach Kanada ab.
Der 24-jährige Computertechniker Sze Ho-chun erhielt nach zehntägiger Verhandlung die Quittung für seine folgenreiche Neu-Gier: achteinhalb Monate Gefängnis.
Edison Chen wurde unter anderem durch seinen Auftritt im Hongkong-Thriller „Infernal Affairs“ bekannt, dessen Remake sich später Martin Scorsese vornahm. 2006 spielte er neben Sarah Michelle Gellar in „The Grudge 2“. In „The Dark Knight“ hatte er einen Cameo-Auftritt.
Und noch ein paar Bits
Die Google-Server hatten heute größere Ausfälle, die uns auch nicht entgingen. Da merkt man erst, wie abhängig wir von diesem Goliath sind (geschrieben in Google Docs). Das mit dem Cloud Computing sollten wir uns vielleicht doch nochmal überlegen.
Die Apple-Gemeinde sorgt sich darum, dass Steve Jobs nicht zur Mac-Entwicklerkonferenz WWDC im nächsten Monat kommt. Und mehr noch, auch die Vorstellung einer neuen Iphone-Generation gilt nicht als gesichert, könnte eventuell erst Ende Juni oder Anfang Juli bei einem eigenen Event erfolgen.
Die Online-Kleinanzeigen-Plattform Craigslist beugt sich den tugendhaften US-Staatsanwälten und schließt ihre Rubrik für „Erotische Dienstleistungen“. Stattdessen soll es eine neue Rubrik geben, die scharf darauf überwacht wird, dass nur „legale“ Angebote erscheinen – und Prostitution ist in den scheinheiligen USA mit Ausnahme zweier Bundesstaaten verboten.
(bk)
Abbildung: Raddek / GNU
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