Android überholt iPhone bei Web Traffic – noch nicht
Von Bernd Kling am 29. April 2010
Auch wenn es Handelsblatt, N-TV und andere voreilig behaupten (ist das wirklich so schwierig mit den Zahlen?)
Das Zeitalter des 5-Minuten-Journalismus ist ausgerufen. Die Geschichte kam auf durch unzureichende Rechenkünste beim Blog Techcrunch, genauer genommen durch weitgehendes Unverständnis dessen, was die erfassten Zahlen eigentlich aussagen. Wie dieses Spiel mit dem schnellen Übernehmen ungeprüfter Nachrichten eben so läuft, verkündeten auch deutschsprachige Medien umgehend die falschen Schlussfolgerungen – hier ein paar Beispiele mit den üblichen Verdächtigen:
Android überholt iPhone bei Web-Traffic (DerStandard.at, übernommen von Pressetext Austria
Mobiler Traffic in USA: Android überholt iPhone (N-TV)
Android schlägt iPhone im März (Handelsblatt)
Mobiler Traffic: Android überholt erstmals das iPhone (WinFuture)
Was war denn passiert? Android OS holt zwar in Riesenschritten auf und wird früher oder später die Marktanteile von Apples iPhone überholen, natürlich auch in den Datenverbindungen zu messen. Derzeit kommt aber auch in den USA ein Android-Gerät auf mindestens zwei iPhones. Um mehr Traffic zu erzeugen, müssten Android-Benutzer demnach gut doppelt so häufig im Web surfen – höchst unwahrscheinlich, denn auch iPhone-Nutzer gelten in dieser Hinsicht als besonders aktiv, wenn nicht hyperaktiv.
Die Zahlen, aus denen die falschen Schlussfolgerungen gezogen wurden, stammen von AdMob, einem Spezialisten für Handywerbung. Es sind Zahlen, die lediglich aus dem eigenen Werbenetzwerk erhoben werden. Mit Partnerschaften zu Websites und App-Entwicklern, die sich verschieben. Das ist schon deshalb zu erwarten, weil die AdMob-Übernahme durch Google vereinbart wurde. Während AdMob noch immer über erhebliche Werbeeinnahmen durch das iPhone verfügt, gibt es offenbar erhebliche Verlagerungen in Richtung neuer Android-Apps innerhalb dieses Werbenetzwerks.
Genau das sagen die Zahlen aus, nicht mehr und nicht weniger. Sie geben keine verlässlichen Aussagen über die gesamte Marktentwicklung, das hat AdMob selbst auch nie behauptet. Wie TechCrunch die Zahlen einfach nur falsch interpretierte, ist hier genauer nachzulesen. War doch jetzt gar nicht so schwierig, oder?