Falschmeldung der Woche (Updates)
Von Bernd Kling am 24. Juli 2009
„Apple lenkt im Streit mit Palm um iTunes ein“
Wer glaubt denn so was?
Deutsche Verleger berufen sich ganz routinemäßig auf ihren Qualitätsjournalismus, um extra Leistungsschutzrechte und Geldquellen zu fordern. Tatsächlich blamieren sie sich täglich mehr – ganz vorne dabei wieder mal die Rheinische Post Online.
Es fängt damit an, dass der anonyme „Redakteur“ vorgibt, aus New York zu berichten: New York (RPO). Es folgt eine Meldung, die nicht etwa aus New York kommt und schon gar nicht dort verfasst wurde: „Apple lenkt im Streit mit Palm um iTunes ein“.
Die so verkündete Nachricht beruft sich auf einen Beitrag im offiziellen Palm-Blog. Sie gibt den Inhalt jedoch völlig falsch wieder und behauptet glatt:
„Das Smartphone Pre von Palm kann jetzt durch das Einlenken von Apple wieder die Musik-Download-Software nutzen. Apple ermöglichte das mit einem automatischen Software-Update an die Telefone, wie Palm am Donnerstagabend in einem Blog-Eintrag mitteilte.“
Ganz falsch, RPO (New York). Apple und Palm machen sich das Leben zur Hölle in einem Krieg der Software-Updates, der gerade erst begonnen hat. Nachdem Palm seinem Smartphone die Eigenschaft verliehen hatte, sich mit Apples Itunes synchronisieren zu können, hatte Apple das erst letzte Woche blockiert mit der Itunes-Version 8.2.1. Mit WebOS 1.1 schlug Palm jetzt zurück und sorgte dafür, dass es zwischen Palm Pre und Itunes wieder klappt.
Natürlich nicht mit dem Einverständnis und schon gar nicht durch ein Software-Update von Apple. Und Apple kann auch gar nicht freundlich gestimmt sein, zumal Palm noch eins draufsetzte und Apple regelrecht verspottete mit einer Steve-Jobs-Abwandlung:
“Oh, and one more thing: Palm webOS 1.1 re-enables Palm media sync. That’s right — you once again can have seamless access to your music, photos and videos from the current version of iTunes (8.2.1).â€
Steht so im Text, auf den sich die RPO-Meldung beruft. Lesen hilft, geschätzter Redakteur, ein gewisses Verständnis der englischen Sprache noch mehr. Aber wenigsten fand die Falschmeldung mit qim74 einen klügeren Leser, der einen sachkundigen Kommentar hinterließ:
„Super recherchiert!
Das ist ein toll recherchierter Artikel, RP! Von professionellen Übersetzern in mühevoller Arbeit Texte aus dem Englischen übersetzt und vernünftig in die deutsche Sprache umgewandelt! Und dabei noch den Inhalt 1:1 rübergebracht! Ein Hurra und Prosit auf den deutschen Journalismus!!!
PS für Nichtwissende: In Wirklichkeit steht in Palms Blog kein Wort davon, dass Apple eingelenkt hat. Man kann eigentlich davon ausgehen, dass spätestens mit dem nächsten iTunes-Update der Palm Pre nicht mehr synct.“
So ist das, wenn der nutzergenerierte Content mehr wert ist als der Qualitätsjournalismus.
PS für Nichtkenner der Rheinischen Post: Diese Qualitätszeitung fällt nicht zum ersten Mal durch Falschmeldungen auf. Medienjournalist Stefan Niggemeier von Bildblog singt schon länger ein Lied davon.
Update (25. 7. 2009): Heute haben sie’s gemerkt dank der unmissverständlichen Hinweise ihrer Leser. Und den Beitrag „überarbeitet“.
Update (27. 7. 2009): Tatsächlich beruhte die Ente der Rheinischen Post Online auch noch auf einer offenbar noch immer nicht korrigierten Falschmeldung der Nachrichtenagentur AP, die als eigene Meldung ausgegeben wurde. Bildblog hat die Geschichte inzwischen aufgegriffen mit erhellenden weiteren Details zur „harten Arbeit unserer Journalisten“ (AP).
(bk)
Zum Thema bei TecZilla:
WebOS 1.1: Palm Pre kann wieder mit Itunes
Apple-Palm-Showdown um Synchronisation mit Itunes
Zum Thema im Web:
Abbildung: Screenshot Apple Itunes / Palm (Montage: TecZilla)