Bosch redet über das Elektroauto

Von am 28. Juli 2010  

Der weltweit größte Autozulieferer legt sich in die Kurve der Elektromobilität

Es gab eine Zeit, da wollte Bosch nicht über das Elektroauto reden. Und schon gar nichts davon hören. Bosch-Kraftfahrzeug-Chef Bernd Bohr warnte noch Ende 2008 ausdrücklich vor schädlichen Auswirkungen für den eigenen Markt: „Die aktuelle Elektrofahrzeug-Euphorie ist schädlich für den Markt. Kleinere Pilotprojekte sind grundsätzlich hilfreich. Aber wir dürfen dem Verbraucher nicht den Eindruck vermitteln, dass es 2010 ein Elektroauto gibt, das bezahlbar wäre und den heutigen Fahranforderungen entspricht.“

Wir schreiben das Jahr 2010. Die Produktion des vollelektrischen Nissan Leaf ist für dieses Jahr ausverkauft. „Reichweitenverlängerer“ Chevy Volt drängt ebenfalls noch in diesem Jahr auf den Markt, begünstigt durch gezielte Subventionen der US-Regierung. Noch weit intensiver ist die Förderung Chinas für die Elektromobilität, die schon relativ bald einen Vorsprung chinesischer Hersteller erwarten lässt.

Und Bosch? Ja, auch Bosch redet jetzt über das Elektroauto. Und nicht nur das, Bosch gründete – übrigens schon im September 2008 – zusammen mit Samsung iSB LiMotive als ein gemeinsames Unternehmen für die Herstellung von Batterien, wie sie in Elektroautos zum Einsatz kommen. Es ist ein Joint-Venture 50:50, Produktionsanlagen entstehen in Korea. Samsung bringt den Vorsprung asiatischer Hersteller ein, den sie durch die Produktion von Lithium-Ionen-Batterien für elektronische Geräte gewannen, die eine hohe Energiedichte benötigen. Bosch konnte bereits den Kunden BMW an Land ziehen, der Batterien nicht selbst herstellen will. Die Großserienfertigung von Batterien bei SB LiMotive beginnt 2011.

Bosch treibt die Elektromobilität

Mehr noch, Bosch erklärt sich inzwischen selbst zum „Treiber der Elektromobilität“ und investiert jährlich um die 400 Millionen Euro in Entwicklungen für die Elektrifizierung des Antriebs. 800 Mitarbeiter schaffen bei Bosch an der Elektromobilität.

Auch der weltweit größte Autozulieferer spricht jetzt öffentlich über das Elektroauto, obwohl Vorbehalte blieben. Eine gewisse Unsicherheit ist noch, wie es die Autofahrer an den Stammtischen aufnehmen. Matthias Küsell, Entwicklungsleiter für Elektrofahrzeug- und Hybridsysteme bei Bosch, sorgt sich, „dass wir nicht wissen, was künftig die Stammtischgespräche bestimmen wird“. Und dann noch die entscheidende Frage: „Wir wissen heute noch gar nicht, wie das richtige Elektroauto aussehen wird.“

Trotzdem, und wie immer Bosch die Stammtische einschätzt, auch beim Bosch hat man sich inzwischen ernsthafte und richtig vernünftige Gedanken dazu gemacht: Das Auto muss für den elektrischen Antrieb praktisch neu entwickelt werden, um zu einem vertretbaren Preis eine Reichweite von 200 km zu erzielen. Die meiste Energie geht neben dem Fahren durch Heizen und Kühlen verloren.

Potenzial für Verbesserungen

Das belegt auch die ganz unterschiedliche Reichweite des Elektrofahrzeugs Nissan Leaf, nicht zuletzt abhängig von Wetter und dem Bedarf für Heizung oder Kühlung. Bosch erwartet hier Verbesserungspotenzial durch eine gebäudeähnliche thermische Isolierung der Fahrzeuge und ein Thermomanagemant, das selbst die Abwärme von Motor und Batterien nutzt. Gründlich durchforsten will Bosch Stromverbraucher von Servolenkung bis zu elektrischer Sitzverstellung. Der Wirkungsgrad von der Batterie bis zum Rad müsse über 90 Prozent betragen, damit ein Elektroauto echte CO2-Vorteile gegenüber einem sparsamen Diesel herausfährt – und abhängig natürlich auch von der Art der Stromerzeugung.

Das trifft kritische Punkte bei der Entwicklung von Elektroautos. Gut nachgedacht, Bosch. Weiter so. Und gerne auch mal drüber reden.

Abbildung: SB LiMotive

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