Designer Philippe Starck arbeitet an „revolutionärem Projekt“ für Apple – nicht!
Von Bernd Kling am 13. April 2012
Wenn Designer plaudern
Wenn Apple noch Apple ist, müsste jetzt ein schwer bewaffnetes Einsatzkommando im Anflug auf Frankreich sein. Der französische Designer Philippe Starck soll Geheimnisverrat begangen haben. Öffentlich gemacht haben, dass Apple in acht Monaten ein „unbedingt revolutionäres“ Produkt vorstellt. Er selbst habe höchstpersönlich mit Steve Jobs daran gearbeitet, den er sieben Jahre lang monatlich in Palo Alto und anderswo besucht habe.
So kam das bei Apple Insider und ähnlichen Blogs, aber auch bei deutschen Publikationen an. „‚Großes Projekt‘: Designer Starck arbeitet für Apple“, machte beispielsweise das Handelsblatt daraus. Aber eigentlich hatte der selbstbewusste und redselige Designer – man könnte ihn den französischen Colani nennen – nur ein wenig geplaudert im Radiosender France Info. Und das heute morgen in einer Sendung mit dem schönen Titel „Tout es son contraire“ (Alles und das Gegenteil), was ja schon etwas vorsichtig machen sollte. Online übrigens noch immer im Originalton nachzuhören.
Die französische Tageszeitung Le Figaro schnappte es auf und berichtete kurz darüber. „Es gibt tatsächlich ein großes gemeinsames Projekt, das in acht Monaten herauskommt“, zitierte sie Starck. Von da ging es mit automatischer Google-Übersetzung weiter in die US-Blogs. Die nahmen es zum Wochenende als willkommene Vorlage zu den gewohnten Spekulationen über die baldige Ankunft des Apple-Fernsehers und seiner revolutionären Bedienung.
„Wenn wir wetten sollten, dann würden wir unser Geld auf die revolutionäre Fernbedienung setzen, die zum künftigen Apple-Fernseher gehören wird“, heißt es bei Hardmac. „Genau in diesem Bereich sind Innovation in Design sowie Ergonomie erforderlich, und Starck und sein Team sind dafür bekannt.“ Apple Insider möchte gerne auch für möglich halten, Starck hätte mit Apple am völlig neuen Design des kommenden iPhones gearbeitet.
9to5Mac denkt mehr an die große gläserne Traumyacht, die Steve Jobs einmal bauen wollte. Neben Zitronenpressen, Motorrädern, stapelbaren Stühlen, Badewannen sowie einer für Rechtshänder wie Linkshänder geeigneten Computermaus (für Microsoft) hat Starck schließlich auch schon einmal eine Motoryacht entworfen. Vielleicht habe Starck mit Jobs an dessen 75-Meter-Yacht gearbeitet: „Es ist nicht klar, ob es sich dabei um das revolutionäre Produkt handelt, von dem er sprach.“
Oder wollte der Designer vielleicht nur auf die kabellosen Stereo-Lautsprecher „Parrot Zikmu by Philippe Starck“ aufmerksam machen, die es tatsächlich im Apple Store gibt? Seit 2008 und für revolutionär günstige 1299 Euro übrigens. Als weitere Kreation angekündigt sind für dieses Jahr die Kopfhörer „Parrot Zik“.
Die Franzosen, die ihren Philippe sicher besser kennen, scheinen das alles weniger ernst zu nehmen. MacPlus berichtet unter der Überschrift „Das große Boot des P. Starck“ über den Damfplauderer. Er habe ein schönes Boot erfolgreich vom Stapel gelassen – ein Medienboot.
Update:
Apple hat aus dem Boot inzwischen eine Ente gemacht. Obwohl es gewöhnlich nur sagt, nichts über Gerüchte und Spekulationen sagen zu wollen. Nachdem aber auch US-Zeitungen von Washington Post („Was ist Phililppe Starcks großes geheimes Projekt?“) bis Los Angeles Times ernsthaft berichteten, ließ eine Apple-Sprecherin die Luft raus mit einem klaren Dementi: Nein, das Unternehmen arbeitet nicht mit Philippe Starck an einem neuen Produkt.
Abbildung: Marco Formento / CC (Philippe Starck)