Die schmutzigen Tricks der Suchmaschinenoptimierung
Von Bernd Kling am 13. Februar 2011 1 Kommentar
Kaufhauskette manipuliert die Suche mit gekauften Links, Google straft ab
2006 flog BMW vorübergehend komplett aus dem Index der Suchmaschine Google, nachdem das Unternehmen Googles Verkehrsregeln missachtet hatte und mit verbotenem SEO-Tuning ins Rennen um die besten Suchergebnisse ging. Eine ähnliche Strafaktion musste eben J. C. Penney hinnehmen, eine US-amerikanische Kaufhauskette mit über 1100 Filialen, nachdem deren umfangreiche Linkspam-Aktivitäten durch einen Bericht der New York Times („Die schmutzigen kleinen Geheimnisse der Suche“) aufgedeckt wurden.
Ob es um Möbel, Steppdecken oder Kleidung ging, die Online-Suche zeigte stets J. C. Penney auf dem ersten Platz. Bei bestimmten Produkten schmuggelte sich der Filialist sogar vor die Angebote der jeweiligen Hersteller – die Suche nach „Samsonite Handgepäck“ sah J. C. Penney vor Samsonite.com auf dem ersten Platz. Die Times ging zusammen mit dem Suchexperten Doug Pierce den auffälligen Ergebnissen nach und zeigte beispielhaft Methoden auf, wie sie von SEO-Anbietern gerne als „Offsite-Optimierung“ verkauft werden.
Von 2015 Seiten verlinkt
Sie stießen auf Tausende von Links, verteilt auf Hunderte von Sites, die mit passenden Beschreibungstexten auf JCPenney.com verwiesen. Sie waren offensichtlich gekauft, zumal sie meist von Seiten ausgingen, die überhaupt keinen inhaltlichen Bezug dazu aufwiesen. Begriffe wie „Abendkleider“ oder „Cocktailkleid“ verwiesen stets gezielt zu J. C. Penney, um die Algorithmen der Suchmaschinen zu täuschen, die aus solchen Verlinkungen eine besondere Relevanz der Zielseiten ableiten.
Als illegal gilt das nicht. Im Gegenteil, viele in der SEO-Branche schwören darauf als unerlässliche und alltägliche Praxis der Suchmaschinenoptimierung. Googles Richtlinien für Webmaster raten allerdings dringend davon ab: „Falls Webmaster jedoch Links kaufen und verkaufen, um das Suchmaschinenranking zu manipulieren, behalten wir uns das Recht vor, die Qualität unseres Indexes zu schützen.“
„Nichts mit den Linkkäufen zu tun“
Eben das musste jetzt auch die führende US-Kaufhauskette erleben. Bei Microsofts Bing ist J. C. Penney noch immer weit vorne, bei Google hingegen auf die hinteren Plätze verwiesen. Zuvor bei der Suche nach „Samsonite Handgepäck“ ganz vorne dabei als erstes Suchergebnis, fiel das Kaufhaus auf Platz 78 zurück. Google hat nach der Veröffentlichung bereits reagiert, wie dessen oberster Spambekämpfer Matt Cutts über Twitter triumphierte: „Googles Algorithmen beginnen zu arbeiten; manuelle Eingriffe fanden ebenfalls statt.“
Wie zuvor andere, die beim Tricksen erwischt wurden, gibt sich die Kaufhauskette mit jährlich über 18 Milliarden US-Dollar völlig ahnungslos und schiebt alles auf die beauftragten SEO-Experten ab: „J. C. Penney hat die Links nicht autorisiert, wir hatten damit nichts zu tun und waren uns dessen nicht bewusst. Es verstößt gegen unsere Grundsätze für natürlich generierte Suchergebnisse. Wir arbeiten daran, die Links zu entfernen.“
Etwas anderes bleibt auch nicht übrig, wenn ein Unternehmen wieder in den Suchergebnissen nach vorne kommen will. Die Zusammenarbeit mit SearchDex, dem für die Search Engine Optimization beauftragten Dienstleister, kündigte J. C. Penney inzwischen auf. Erst nach den Aufräumarbeiten kann sich zeigen, welche Position den Seiten des Unternehmens zukommt, unbeeinflusst von bezahltem Linkspam und den erfolgten Gegenmaßnahmen.
„Eine wesentliche Einnahmequelle verloren“
Alles gar nicht so ungewöhnlich, berichtet die frühere Google-Mitarbeiterin Vanessa Fox. Dort verantwortlich für die Webmaster Central und die Richtlinien, habe sie dergleichen laufend erlebt:
„Ich erlebte die Auswirkungen unmittelbar. Und heute, da ich nicht mehr bei Google bin, bekomme ich laufend E-Mails und Anrufe von kleinen wie großen Unternehmen, die in Panik sind, weil sie eine wesentliche Einnahmequelle verloren haben aufgrund verlorener Rankings bei Google. Mehr als ein Unternehmen hat mir gesagt, dass sie komplett dichtmachen müssen, wenn sie ihren Traffic von Google nicht zurückbekommen (und eine Site kann die Rankings nicht immer zurückbekommen).“
„viele in der SEO-Branche schwören darauf“ ist ja eher eine maßlose Übertreibung. Leute die kein richtiges SEO können greifen darauf zurück. Das sage ich als Suchmaschinenoptimierer.