Facebook denkt über aktive Zensur "in manchen Ländern" nach
Von Bernd Kling am 21. April 2011
Freie Meinungsäußerung muss nicht überall sein, insbesondere nicht in China
Mark Zuckerberg will sein Social Network um jeden Preis in den chinesischen Markt erweitern, und Zensur scheint ihm dafür nur ein geringer Preis zu sein. Sein Lobbyist Adam Conner steckte es ganz offen dem Wall Street Journal: „Vielleicht blockieren wir Inhalte in einigen Ländern, aber nicht in anderen. Wir kommen gelegentlich in eine unbequeme Position, weil wir vielleicht zu viel an freier Meinungsäußerung in Ländern zulassen, die das bisher noch nicht erfahren haben.“
Gar nicht gerne äußert sich Facebook zur eigenen Rolle bei den erfolgreichen Volksaufständen in Tunesien und Ägypten und möchte schon gar keine „Facebook-Revolution“ für sich in Anspruch nehmen. Zwar hatte Facebook technische Maßnahmen gegen den Versuch der tunesischen Regierung unternommen, die Passwörter von Facebook-Nutzern mitzulesen, es aber ausdrücklich mit Sicherheitbedenken begründet – und mit Politik habe man rein gar nichts am Hut. Mit Kämpfern für Menschenrechte und Demokratie wollte Facebook keineswegs in Verbindung gebracht werden.
Eine Haltung, die sich als nützlich erweisen könnte beim Versuch, Geschäfte in China zu machen, die vom Wohlwollen einer autoritären Regierung abhängig sind. Gleichzeitig aber muss Facebook befürchten, dass diese opportunistische Haltung zuhause Ärger bringt. Zu einem ungünstigen Zeitpunkt, denn demokratische und republikanische Politiker geben sich derzeit sehr besorgt um die Online-Privatsphäre und schreiben an Gesetzen, die auch Facebook betreffen.
Facebooks Antwort heißt Lobbyismus, wie es politische bedrängte Tech-Unternehmen von Microsoft bis Google bereits vorgemacht haben. 2010 gab Facebook für seine Lobby-Spezialisten in Washington 351.000 US-Dollar aus, offenbar noch sehr wenig im Vergleich zu Google (5,2 Millionen Dollar) und Microsoft (6,9 Millionen Dollar). In den letzten sechs Monaten beauftragte Facebook zwei zusätzliche Lobbyfirmen und plant die Einstellung weiterer Mitarbeiter mit guten politischen Verbindungen. Im Gespräch als ranghöchster Verbindungsmann nach Washington ist sogar Robert Gibbs, bis vor kurzem noch Pressesprecher von Präsident Barack Obama.
Screenshot: Facebook