Google Chrome – das Betriebssystem
Von Bernd Kling am 19. November 2009
Google erläutert ausführlich die fortgeschrittenen Pläne, die Welt zu beherrschen mit einem zweiten Betriebssystem nach Android. Es ist das OS für alle, die in den Wolken leben.
Erstmal, das neue radikale Web-Betriebssystem auf Linux-Basis kommt nicht morgen und auch nicht im übernächsten Monat, sondern wie bereits im Juli angekündigt Ende 2010. Der Zeitplan ist ohnehin mehr als ehrgeizig, ein Vergleich mit den Entwicklungszeiten für ein bis heute weltweit dominierendes PC-Betriebssystem gar nicht zu wagen.
Schon heute aber ist der Quellcode für Chrome OS als Open Source zum Download verfügbar. Das dürfte allerdings nur für Entwickler von Interesse sein. Chrome OS ist nicht für alle Desktop-PCs und Notebooks da draußen gedacht, auch nicht für die Netbooks von heute. Später soll es auch noch um Desktop und Notebook gehen, zunächst aber um eine klar definierte Referenz-Hardware, die Google den OEM-Herstellern passend zur Software vorgibt. Wer als Verbraucher Chrome OS herunterlädt, müsste also dazu die kompatible Chrome-Hardware erwerben.
Bei Chrome OS geht es ebenso wie beim Browser Chrome zuerst um Geschwindigkeit. Dem hat sich auch die Hardware unterzuordnen und beispielsweise auf herkömmliche Festplattenlaufwerke zu verzichten zugunsten von Flash-Speicher. Flash (Speicher) und Chrome (OS) sorgen zusammen für das blitzschnelle Booten innerhalb von nur drei Sekunden, wie heute bereits bei der ersten Vorführung in der Google-Zentrale in Mountain View demonstriert.

Noch Fragen zu Chrome OS? Sergej Brin, Matt Papakipos und Sundar Pichai geben Antworten
Schnell, einfach und sicher soll Chrome OS sein, lautet die klare Botschaft. Einfach zu bedienen, wie man es vom Browser kennt. Daher nicht ungewohnt wie alternative Betriebssysteme bis heute. Nichts ist zu installieren, die Anwendung ist eine URL im Browser, das kennt jeder. Alles ist Web, alles ist Cloud Computing.
Die Anwendungen laufen im Tab des Chrome-Browsers. Das erste Registertab zeigt ein App-Menü, aus dem sie zu wählen sind, doch gibt es zur Eingewöhnung auch noch eine Fensteransicht der Anwendungen. Die Apps aus dem mobilen Betriebssystem Android laufen übrigens nicht, vielmehr ist Chrom ganz auf die ständig synchronisierte Webanwendung hin konzipiert. Es fällt die Bemerkung vom cloud device, bei dem alles Lokale eigentlich nur noch Cache ist.
Für die Sicherheit, frei von Viren und anderer Malware, sind Prozeduren zuständig, die kryptographische Signaturen schon beim Start des Betriebssystems verifizieren und damit bösartige Hacks vermeiden sollen. Im Fall der Fälle erfolgt eine automatische Reparatur des Systems, der bei herkömmlichen proprietären Betriebssystemen zu befürchtende Verlust von Daten und Einstellungen bleibt aus.
Es ist nicht nur ein Betriebssystem, sondern eine Alternative, heben die Entwickler während der Pressekonferenz hervor. Als gute Mitbürger möchten sie auch gerne alles zurückgeben an die Open-Source-Gemeinde. Das OS ist kostenlos, frei, quelloffen. Und nein, es soll auch nicht durch zusätzliche Werbung finanziert werden, eine unlängst von Apple patentierte Idee. Und natürlich könne es jeder nehmen und zum Beispiel seine eigene Version mit einem anderen Browser als Chrome OS entwickeln.
Auch für die Anwendungen anderer Softwarehersteller stehen APIs in einem offenen Framework bereit. Breit grinsend führen die Googler vor, wie sich eine Excel-Datei beim Aufruf von einem USB-Speicherstick bei Windows Live öffnet: „Microsoft liefert uns hier die Killer-Applikation für Chrome OS.“
Die Netbooks mit Chrome OS, die rechtzeitig vor Weihnachten 2010 von führenden Herstellern in den Verkauf kommen, sollen eher größer ausfallen als die Netbooks von heute und über Tastaturen in voller Größe verfügen. Sie können mit x86-Prozessoren von Intel und anderen Herstellern ausgestattet sein, aber auch mit den stromsparenderen Chips der ARM-Architektur. Googles Entwickler arbeiten nach eigenem Bekunden hart daran, dass native Anwendungen gleichermaßen auf beiden Prozessorentypen arbeiten.
Die Veranstaltung bestreiten keine Visionäre und keine besonders redegewandten PR-Leute, sondern die bei Google für die Entwicklung von Chrome OS Verantwortlichen. Es sind Sundar Pichai, vice president of product management, der alles andere als ein akzentfreies Englisch spricht, sowie Matt Papakipos, der die Entwicklung von Chrome OS leitet.
Erst fast gegen Schluss setzt sich noch überraschend Google-Mitbegründer Sergej Brin mit dazu, um Fragen der anwesenden Journalisten zu beantworten. Er hebt vor allem darauf ab, selbst die Netbooks von heute seien noch viel zu komplex in der Handhabung, erst Chrome OS als Webplattform werde es spielend einfach und sicher machen.
Mehr Informationen und Abbildungen zum Betriebssystem:
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(bk)
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Screenshot: Google Chrome OS Webcast