Google trotzt China

Von am 13. Januar 2010  

„Wir sind die Guten“, ist aus Mountain View zu hören. Google will den chinesischen Zensurregeln nicht länger folgen nach gezielten Hacker-Attacken auf die Gmail-Konten chinesischer Dissidenten. Google riskiert damit die Blockade aller Google-Dienste in China.

Es war ein „technisch ausgefeilter und gezielter Angriff auf die Infrastruktur des Unternehmens, der von China ausging und im Diebstahl geistigen Eigentums von Google resultierte“. Der im Dezember aufgedeckte Angriff habe zunächst nach einem einzelnen, wenn auch bedeutsamen Zwischenfall ausgesehen. Es habe sich jedoch schnell herausgestellt, dass mindestens 20 Firmen unterschiedlicher Geschäftsfelder vom Finanzsektor über Technologie bis zu Medien und Chemie ganz ähnlich betroffen waren.

Vor allem aber gebe es Hinweise darauf, dass das primäre Ziel der Angreifer darin bestand, auf die Gmail-Konten chinesischer Menschenrechtler zuzugreifen, was nach bisherigen Erkenntnissen aber nicht erreicht wurde. Weiterhin habe es erfolgreiche Zugriffe auf die Accounts von Menschenrechtlern gegeben, jedoch nicht durch Sicherheitsverletzungen bei Google, sondern durch die üblichen Methoden von Phishing und Malware auf den Computern der Nutzer.

Für Google sei das ein Anlass zu überprüfen, ob geschäftliche Aktivitäten in China weiterhin sinnvoll sind: „Wir haben Google.cn im Januar 2006 gestartet im Glauben, dass der Nutzen des besseren Zugangs zu Informationen für die Menschen in China mehr bedeutet als unser Unbehagen darüber, der Zensur einiger Ergebnisse zuzustimmen“.

Die Ansage war aber auch gewesen, sich alles noch einmal zu überlegen, wenn sich diese Ziele als nicht erreichbar erweisen sollten. Das sieht Google jetzt durch die Angriffe, Überwachungsmethoden und weitere chinesische Versuche, die freie Meinungsäußerung zu unterdrücken, als gegeben an:

„Wir uns haben entschieden, dass wir nicht länger bereit sind, unsere Ergebnisse bei Google.cn zu zensieren. Daher werden wir in den nächsten Wochen mit der chinesischen Regierung über die Grundlagen sprechen, auf denen wir im Rahmen der Gesetze eine ungefilterte Suchmaschine betreiben können, wenn das überhaupt möglich ist.“

Google sei sich dessen bewusst, dass es die Schließung von Google.cn wie auch der eigenen Niederlassungen in China bedeuten könnte. Das sehen Analysten und Zensurkritiker ganz ähnlich. Danny O’Brien von der Electronic Frontier Foundation, die Zensurbestrebungen scharf beobachtet: „China könnte Google hinauswerfen, und sie werden Google.cn zweifellos blockieren.“

Darüber hinaus befürchtet Shaun Rein von China Market Research in Shanghai, dass die chinesische Regierung alle Google-Dienste blockiert, wenn sich Google nicht mehr den chinesischen Zensurvorgaben für Suchergebnisse unterwirft. Elinor Leung von CLSA Asia-Pacific Markets hingegen hält das für eher unwahrscheinlich: „Wenn sie das tun, dann bedeutet das für sie noch mehr internationalen Druck.“

Noch keine Reaktionen gibt es von Microsoft und Yahoo, deren Suchmaschinen in China ebenfalls Suchergebnisse zensieren. Sie werden sich kaum anschließen, obwohl Googles neue Standhaftigkeit auch sie unter öffentlichen Druck setzt, so die Einschätzung von Sterling Market Intellligence.

Die entscheidende Frage aber dürfte sein, wie die Google-Nutzer in China reagieren. Googles Marktanteil in China verdoppelte sich in drei Jahren auf 35,6 Prozent. Nach Schätzungen loggen sich 80 Millionen Chinesen regelmäßig bei Google ein, und sie gelten als besonders aktive Internet-Nutzer. Einige von ihnen versammelten sich heute bei den Google-Niederlassungen in Peking und Shanghai, schmückten das Firmenlogo mit Blumen.

Die offizielle US-Politik hat das Thema inzwischen ebenfalls entdeckt. „Ernsthafte Besorgnisse und Fragen“ erkannte Außenministerin Hillary Clinton: „Wir erwarten eine Erklärung der chinesischen Regierung.“

Eine offizielle Stellungnahme gibt es noch nicht. Eine staatliche Nachrichtenagentur zitierte lediglich einen Regierungsbeamten, man benötige weitere Informationen zur Erklärung von Google. Die chinesischen Medien halten sich in der Berichterstattung weitgehend zurück. In die chinesische Sprache übersetzte Berichte wurden offenbar rasch wieder von Websites entfernt.

(bk)

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Abbildung: shizhao / CC

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