Google warnt Facebook-Nutzer vor "Datenfalle"
Von Bernd Kling am 10. November 2010 2 Kommentare
Kampf um die Datenhoheit
Die Auseinandersetzungen zwischen Google und dem Social Network eskalieren auf mehreren Ebenen gleichzeitig. Mit Lohnerhöhungen kämpft Google gegen die Abwerbung von Mitarbeitern, gleichzeitig geht der Streit um die mögliche Übernahme von Daten aus dem jeweils anderen Lager in eine neue Runde.
Google gönnte eben allen Mitarbeitern eine Zulage um 1000 US-Dollar plus zehnprozentige Gehaltserhöhung ab Januar 2011. Mit diesen „wettbewerbsfähigen Gehältern“ geht es nicht zuletzt darum, die Abwanderung führender Entwickler zu Facebook zu verhindern – mit Facebooks anstehendem Börsengang locken dort noch weit größere Summen. Um „die besten Mitarbeiter der Welt“ zu halten, könnte Google gut über eine Milliarde Dollar locker machen, wie erste Hochrechnungen besagen. Als gute Nachricht dahinter sind weiterhin glänzend laufende Geschäfte zu vermuten.
Datenbefreiung und Datenprotektionismus
Noch bedeutsamer ist vermutlich der anhaltende Schlagabtausch zwischen Google und Facebook um Nutzerdaten und ihre mögliche Synchronisation. Zunächst untersagte Google Facebook die Synchronisation von Nutzerdaten, da das Social Network selbst alle Daten unter Verschluss hält und eine Synchronistion in umgekehrter Richtung blockiert. Auch Facebook dürfe seine Nutzer nicht in einer „Daten-Sackgasse“ einschließen, sondern müsse sich öffnen für einen Austausch in alle Richtungen.
Facebook griff zu einer List und nutzte dafür die Offenheit Googles. Eine Gruppe engagierter Entwickler bei Google, die sich kämpferisch Data Liberation Front (DLF) nennen, hatten bereits die Voraussetzungen für alle Nutzer geschaffen, um ihre eigenen Daten im Format ihrer Wahl zu exportieren. Sie schworen damit jedem Daten-Protektionismus ab: Googles Nutzer sollten nie an die Dienste Googles gebunden sein, jederzeit mit ihren eigenen Kontaktdaten abziehen können.
Die Facebook-Techniker nutzten diese Offenheit, um Googles Blockade der automatischen Kontaktdaten-Entführung mit einer teilweise manuellen Lösung zu umgehen. Sie führen jetzt ihre Nutzer direkt zum Download der Daten bei Google, um diese anschließend bei Facebook hochzuladen. Facebook muss für diese schnell zusammengehackte Lösung nicht einmal verlassen werden. Weiterhin aber denkt bei Facebook niemand an so etwas wie eine Datenbefreiung für die eigenen Nutzer. Die Kontaktdaten gehören vielmehr Facebook, auf ihnen basiert offenbar das Geschäftsmodell des Social Networks.
List und Gegenlist
Google reagierte zunächst mit einer noch verhaltenen Erklärung: „Wir sind enttäuscht, dass Facebook seine Zeit nicht dafür verwandt hat, es den eigenen Nutzern zu ermöglichen, ihre Kontakte aus Facebook mitzunehmen. Da wir leidenschaftlich davon überzeugt sind, dass den Menschen die Kontrolle über die von ihnen geschaffenen Daten zusteht, werden wir unseren Nutzern auch weiterhin erlauben, ihre Google-Kontakte zu exportieren.“
Weit deutlicher aber ist das, was Facebooks Nutzer inzwischen zu lesen bekommen auf der Seite, auf die sie Facebook zum Abholen von Google-Daten führt. Unter der Überschrift „Jetzt meine Daten in der Falle einfangen“ fragt Google nach:
„Moment mal. Sind Sie absolut sicher, dass Sie die Kontaktinformationen Ihrer Freunde in einen Dienst importieren wollen, der sie selbst nicht herauslässt?
Hier ist das nicht so nette Kleingedruckte. Sie wurden zu dieser Seite geleitet von einer Site, die Ihnen den Wieder-Export Ihrer Daten zu anderen Diensten nicht erlaubt und damit effektiv Ihre Kontaktdaten über Ihre Freunde einschließt. Wenn Sie Ihre Daten also einmal importiert haben, bekommen Sie sie nicht mehr heraus. Wir glauben, dass Sie das unbedingt wissen sollten, bevor Sie Ihre Daten nach dort importieren. Obwohl wir diesen Daten-Protektionismus entschieden ablehnen, bleibt es Ihre Wahl. Denn letztlich sind Sie es, der die Kontrolle über Ihre Daten haben sollte.“
Nach dieser Erklärung „im Namen Ihrer Freunde in den Google-Kontakten“ dürfen die Nutzer eine „Beschwerde über Datenprotektionismus“ einreichen, mit dem Datenexport zu Facebook fortfahren – oder einfach nur zurück zu Facebook.
Wow. Kindergarten – aber in der obersten Liga und einer Menge Kohle…