IBM schreibt am Minority Report
Von Bernd Kling am 15. April 2010 1 Kommentar
Analyseprogramme sagen Verbrechen voraus und schützen die Gesellschaft – sagt IBM
Deepak Advani, vice president of predictive analysis bei IBM, scheint blutig ernst zu meinen, was der Film Minority Report nach einer Geschichte von Philip K. Dick in der hässlichsten Konsequenz vorführte:
„Mit voraussagender Analyse bekommen Regierungsbehörden weltweit ein hochentwickeltes und intelligentes Mittel, um mehr Sicherheit für die Gemeinschaft zu schaffen, indem sie kriminelle Aktivitäten identifizieren, vorhersagen, auf sie reagieren und sie verhindern. Es befähigt die Strafjustiz, die in großem Umfang verfügbaren Daten zu nutzen, um Muster zu erkennen, verlässlichere Prognosen zu erstellen und dann in Echtzeit die angemessenen Maßnahmen zu treffen zur Bekämpfung des Verbrechens und zum Schutz der Bürger.“
Der US-Staat Florida ist tatsächlich bereit, Kriminalität als ein mit Software lösbares Problem zu sehen. Das Justizministerium setzt die vorhersagende Analyse-Software von IBM SPSS ein, um Jugendliche mit höherem Rückfallrisiko zu identifizieren. Diese sollen besondere Programme durchlaufen und „die beste mögliche Behandlungsform“ erfahren, um nicht wieder mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Mark Greenwald, beim Justizministerium Floridas für das Programm zuständig:
„Vorhersagende Analyse mit IBM SPSS wird es unserer Organisation erlauben, unsere gegenwärtige Praxis weiterzuentwickeln. Wir wollen früher und wirksamer in ihrem Leben eingreifen und ihnen helfen, gesetzestreue Bürger zu werden – und zu bleiben.“
Analysiert werden sollen entscheidende Vorhersagewerte wie Vorstrafen, familiäre Umgebung, Zugehörigkeit zu Banden und Freundeskreis, um daraus Vorhersagen abzuleiten über die Jugendlichen, die mit einer größeren Wahrscheinlichkeit wieder strafbar werden.
Das Justizministerium im überwachungsfreundlichen Großbritannien kündigte schon vorher an, das IBM-Programm einsetzen zu wollen, um bei entlassenen Strafgefangenen die Wahrscheinlichkeit erneuter Straffälligkeit einzuschätzen. „Verborgene Trends und Muster“ möchte das Ministerium damit aufspüren. Die zum Beleg genannten Ergebnisse wirken allerdings wenig überraschend: Die IBM-Analyse habe geholfen, die Frage zu beantworten, ob Straftäter mit bestimmten Problemen wie Drogen- oder Alkoholmissbrauch wahrscheinlicher zu erneuten Straftaten neigen.
Die Software ist offenbar weit von dem entfernt, was die visionären „Precogs“ in Minority Report konnten. Zumindest ein großes Geschäft erwartet IBM mit „predictive analytics“. Insgesamt 12 Milliarden US-Dollar hat das Unternehmen in sein Analytics-Portfolio insgesamt investiert und beschäftigt 4.000 Analytics-Berater für überwiegend branchenbezogene Vorhersagen, insbesondere für Banken, Handel und Telekommunikation.
Na, dass wird ein SP(A)SS! 😛