Intel und Microsoft streiten über Windows 8

Von am 19. Mai 2011  

Kompatibilitätsprobleme

Microsoft hält sich noch immer sehr bedeckt, was die Entwicklung von Windows 8 angeht. Nicht nur bleiben die vollmundigen Ankündigungen aus, wie aus der langen Entwicklungszeit von Windows Vista erinnerlich. Steve Sinofsky, Chef der Windows-Sparte, setzt in guter Apple-Tradition auf Geheimhaltung. Schon als er für Microsoft Office verantwortlich war, kam angeblich selbst Microsofts Windows-Team nicht an Informationen über die nächste Version der Bürosuite. Nach unbestätigten Berichten wurden Mitarbeiter gefeuert, weil sie frühe Details über Windows 8 preisgaben.

Windows 8 mit oder ohne Windows-7-Modus

Den Geschäftspartner Intel kann Microsoft nicht feuern. Intels Software-Chefin Renée James aber hat Einzelheiten über das kommende Windows öffentlich ausgeplaudert, über die Microsoft noch lange nicht reden möchte. Demnach werden sich die geplanten Versionen für Intels x86-Chips und ARM-Prozessoren deutlich unterscheiden. Während mit Intel ein „Windows 8 traditional“ läuft und kompatibel ist zu früheren Windows-Programmen durch einen Windows-7-Modus, soll das bei Windows-Varianten für ARM nicht der Fall sein:

„Es wird Windows 8 SoCs für ARM geben. Jede läuft in dieser spezifischen ARM-Umgebung, es werden neue Anwendungen oder Cloud-basierte Anwendungen laufen … Sie sind weder vorwärtskompatibel noch rückwärtskompatibel – noch sind sie kompatibel über verschiedene Anbieter hinweg. Jedes ist ein einmaliges Stack.“

„Weder vorwärts- noch rückwärtskompatibel“

Vorteil Intel, sagt Intel: „Windows 8 traditional bedeutet, dass unsere Kunden und alle, die über ein Intel-basiertes Produkt oder ein x86-basiertes Produkt verfügen, es im Windows-7-Modus oder Windows-8-Modus laufen lassen können. Sie können weiter mit all ihren alten Anwendungen arbeiten, mit all ihren alten Dateien – es wird keine Probleme geben.“

Nachteil ARM, sagt Intel: „Mit ARM gibt es die neue Erfahrung, die ganz speziell um die mobile Erfahrung aufgebaut ist, insbesondere um Tablet oder ein eingeschränktes Mobiltelefon, ohne Legacy-OS. Bei unseren Wettbewerbern laufen keine Legacy-Anwendungen. Nicht jetzt und niemals.“

„Intels Äußerungen sind sachlich ungenau und irreführend“

Microsoft war nicht amüsiert. Eine offizielle, aber faktenarme Gegenerklärung aus Redmond folgte:

„Intels Äußerungen während des gestrigen Intel Investor Meeting über Microsofts Pläne für die nächste Version von Windows waren sachlich ungenau und in unglücklicher Weise irreführend. Seit den ersten Vorführungen von Windows on SoC haben wir unsere Ziele deutlich gemacht und betont, dass wir noch in der Phase der Technologie-Demonstration sind. Wir haben daher zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Einzelheiten oder Informationen mitzuteilen.“

Auch auf Nachfrage wollte Microsoft nicht erklären, was „sachlich ungenau“ sei an Intels Angaben. Mehr wird daher – zumindest offiziell – vermutlich nicht vor Microsofts Entwicklerkonferenz im September zu erfahren sein.

Schlagabtausch zwischen Verbündeten

Auch wenn es höflich zuging, war es doch ein öffentlicher Schlagabtausch zwischen den einst engen Verbündeten Intel und Microsoft. Aber die Wintel-Ära ist endgültig vorbei. Um im aufstrebenden Tablet-Markt eine Chance zu haben, musste sich Microsoft den Prozessoren der ARM-Architektur zuwenden.

Zugleich muss Microsoft das eherne Prinzip der Rückwärtskompatibilität infrage stellen, das lange hohe Marktanteile sicherte. Zumindest in den OS-Versionen für mobile Geräte muss Microsoft so viel Ballast abwerfen wie möglich. Der Wettbewerb durch die weniger in der Vergangenheit verankerten Betriebssysteme von Apple und Google erzwingt es. Microsoft muss diese Wende vollziehen, wenn es in einem sich schnell veränderten Markt vorne bleiben will.

Intel kann es nicht gefallen, wenn selbst Microsoft dem Trend zu ARM-Prozessoren folgt, da die eigenen Chips bei Tablets und Smartphones noch immer nicht ernsthaft mithalten können. Mit den gezielten Enthüllungen verrät Intel aber zugleich die Angst, dass „Intel inside“ in Zukunft nicht mehr so unverzichtbar ist wie in früheren Zeiten.

Abbildung: huangjiahui / CC (Logo vor der Intel-Zentrale in Santa Clara)

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