Intel: Wir arbeiten mit an Google Chrome OS
Von Bernd Kling am 10. Juli 2009
Wir sind doch auch dabei, lässt sich der Chipdominator vernehmen. Dabei fehlte Intel bei den von Google genannten Partnerfirmen, während mehrere Hersteller der konkurrierenden ARM-Prozessoren vertreten waren. Google Chrome OS sorgt für neue Allianzen im IT-Markt. Wer ist Freund und wer ist Feind in der Nach-Wintel-Ära?
Als Partnerfirmen, die zusammen mit Google aktiv das neue Open-Source-Betriebssystem unterstützen, wurden neben Adobe und PC-Herstellern wie HP, Asus und Lenovo vor allem die Hersteller von ARM-Prozessoren genannt. Wir sind doch auch dabei, ließ sich jetzt Nick Jacobs, Intel-Sprecher für Asien und die Pazifikregion vernehmen:
„Wir arbeiten mit Google an einer Vielzahl von Projekten, und dazu gehören auch Elemente dieses Projekts. Wir waren in dieses Projekt schon längere Zeit eingeweiht.“
„Wir begrüßen diesen Schritt von Google“, heißt es in einer vorbereiteten Erklärung Intels. „Mehr Wahlmöglichkeiten nutzen der Branche und werden wahrscheinlich zu beschleunigter Innovation führen.“
Nicht alle halten diese Reaktionen für ganz ehrlich. Auch wenn Intel nicht kalt überrascht wurde und wie Microsoft lieber gar nichts sagt, kann keine übergroße Freude aufgekommen sein über Googles Generalangriff auf das, was einmal Wintel genannt wurde. Analyst James Mitchell von Goldman Sachs sieht einen erheblichen Vorteil für die ARM-Chips:
„Wenn Googles Eintritt in den Markt erfolgreich ist, dann stellt das eine Bedrohung für Intel und x86 dar, während es die Tür für Wettbewerber auf ARM-Basis öffnet einschließlich Qualcomm, Texas Instruments, Freescale, Nvidia, Marvell und Broadcom.“
Intel vs. ARM
Der langjährige Intel-Beobachter Charlie Demerjian (wir kennen ihn noch aus den besseren Zeiten des Inquirer) sieht bei Intel sogar Angstzustände aufkommen:
„Google Chrome OS wird wahrscheinlich Hardware-agnostisch sein, es kommt aus der Open-Source-Linie, und Googles Android-Plattform zeigt, dass ARM ein Schlüsselmarkt für diese Art von Gerät ist. Warum mehr bezahlen für x86? Wenn man nicht die zusätzlichen Pferdestärken für ein aufgeblähtes Windows braucht und Chrome OS die Treiber portiert, dann scheint es da keinen überzeugenden Grund mehr zu geben.“
Intel sei deshalb bereits in der Angststarre, meint der immer treffsichere Charlie in SemiAccurate, und auch AMD hätte gute Gründe, unruhig zu werden. Chrome OS werde x86 bedeutungslos machen für die meisten Verbraucher und wahrscheinlich auch viele geschäftliche Nutzer. Es arbeite mit Google Apps, Gears, Flash, reichlich Cloud-Anwendungen, wozu also noch das alte Modell?
Intel werde das jedoch nicht einfach hinnehmen wollen. Zu hören sei bereits, dass Intel Android aktiv aus dem Markt für MIDs / Netbooks auszuschließen versuche zugunsten des von Intel geförderten Moblin 2.0. Zum anderen habe Intel mit der Übernahme von Wind River Systems gezeigt, wie ernst das Unternehmen Entwicklungen für Linux-Plattformen nimmt.
Google hat Microsoft den Fehdehandschuh hingeworfen mit Chrome OS. Intel muss das mit einem lachenden und einem weinenden Auge sehen. Einerseits ist Microsofts Windows auch für Intel nur noch ein Klotz am Bein, was Wachstumsmärkte wie Netbooks angeht. Da kommt jede ernsthafte Alternative recht, die für größere Chip-Umsätze gut ist. Willkommen, Chrome OS. Andererseits öffnet Chrome OS zugleich einen größeren Markt für die ARM-Chips. Wie halten wir Chrome OS nur auf? Das ist die Zwickmühle, in der sich Intel befindet.
Intel wird sich aus taktischen Gründen mit Googles Chrome OS arrangieren müssen – wie es Intels Statements bereits zeigen – und alles tun, damit dieses Betriebssystem optimal mit der aktuellen und noch mehr kommenden Generationen von Atom-Chips läuft.
Das nutzt dem Chiphersteller in der sich verschärfenden Konkurrenzsituation zu ARM. Zugleich rüstet sich Intel mit hohem finanziellem Einsatz gegen die ARM-Architektur, die mit Chrome OS nach oben drängt. 7 Milliarden Euro fließen für die kommende Fertigung in 32 Nanometer, die den Einsatz von Intel-Chips in Unterhaltungselektronik und Handys ermöglichen soll. Damit greift Intel die ARM-Prozessoren direkt an.
(bk)
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