Iphone-Suizid: 37.000 Euro Entschädigung – und ein Macbook

Von am 28. Juli 2009 3 Kommentare 

foxconn-logoApple-Auftragsfertiger Foxconn stellt den Mitarbeiter, der sich wegen eines vermissten Iphone-Prototyps in den Tod stürzte, als unzuverlässig dar. Gleichzeitig erhält seine Familie 37.000 Euro – und seine Freundin ein Macbook.

Der wegen seiner menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in die Kritik geratene Hersteller fährt offenbar eine Doppelstrategie, um den Suizid des vom internen Sicherheitsdienst bedrängten Mitarbeiters möglichst schnell vergessen zu lassen. James Lee, der für Foxconns China-Geschäft verantwortliche Manager, unterstellte gegenüber der New York Times eine verdächtige Vorgeschichte Sun Danyongs:

„Bei ihm wurden mehrmals Produkte vermisst, dann tauchten sie wieder auf. Wir wissen nicht, wer die Produkte nahm, aber es war an seinem Arbeitsplatz.“

Andererseits erklärte sich Foxconn inzwischen bereit, Sun Danyongs Eltern eine Abfindung von 360.000 Renminbi zu bezahlen (umgerechnet 37.000 Euro) sowie 30.000 Renminbi (3090 Euro) jährlich, solange ein Elternteil am Leben ist. Ein Schuldeingeständnis sei damit ausdrücklich nicht verbunden, erklärte die Firma dazu.

Suns Freundin erhielt angeblich ein Apple-Macbook. Ihr bleibt außerdem Suns letzte Textnachricht mit dem verzweifelten Inhalt:

„Liebstes, es tut mir leid. Geh morgen nach Hause. Es tun sich einige Probleme für mich auf. Sag meiner Familie nichts. Versuche nicht, mit mir Verbindung aufzunehmen. Ich flehe dich erstmals an. Bitte tue es! Es tut mir leid!“

Mehr verraten seine letzten Chat-Dialoge mit Freunden, auch wenn vieles unklar bleibt in blumiger chinesischer Sprache. Ein englischsprachiges Transskript ist hier nachzulesen. Wenige Stunden später sprang Sun aus der 12. Etage seines Wohngebäudes, aufgezeichnet von einer Überwachungskamera.

Hier gibt es nichts zu sehen, bitte gehen Sie weiter

Ein Reporter der New York Times durfte ein Werksgelände von Foxconn in Shenzhen besichtigen, kam jedoch nicht bis zur Fertigung. Foxconn begründete dies damit, Geschäftsgeheimnisse schützen zu müssen. Als der Reporter später Mitarbeiter außerhalb des Firmengeländes befragte, gab etwa einer von 15 zu Protokoll, zu Arbeitszeiten jenseits der gesetzlich erlaubten Grenze gezwungen zu werden.

Während der Journalist der New York Times letzte Woche mit der Familie sprach, wurde sein Übersetzer von einem Sicherheitsmann und zwei Männern mit Foxconn-Shirts bedroht, die ihn an weiteren Fragen an die Familie hinderten. Ein Foxconn-Mitarbeiter sollte später erklären, es habe sich nicht um einen Mitarbeiter seiner Firma gehandelt, sondern möglicherweise um einen Vertreter der örtlichen Polizei.

Foxconn – unter dieser Handelsmarke ist die Hon Hai Precision Industry Co. vor allem bekannt – stellt Elektronikprodukte nicht nur für Apple, sondern für fast alle führenden PC-Anbieter her. Die zahlreichen Werksanlagen befinden sich vor allem in Südchina und sind teilweise wie eigene Städte mit Wohnblocks, Lebensmittelläden, Postämtern und Banken. Ein Werk in Shenzhen beschäftigt fast 300.000 Mitarbeiter.

Seit Jahren kommen immer wieder neue Skandale auf um Foxconns Umgang mit den eigenen Mitarbeitern. Einer aktuellen Untersuchung zufolge bezahlen 45 der 83 Werke, in denen Iphones und Ipods produziert werden, nicht wie vorgeschrieben für Überstunden. 23 von ihnen sollen nicht einmal den chinesischen Mindestlohn bezahlen.

Eine britische Tageszeitung machte die krassen Arbeitsbedingungen bei Foxconn schon 2006 öffentlich. Apple ließ daraufhin eine Untersuchung mit einer Befragung von nur 100 Foxconn-Mitarbeitern durchführen und verkündete ein beschwichtigendes Ergebnis. Branchenquellen in Taiwan gehen davon aus, dass auch der Tod von Sun Danyong keine Auswirkung auf die Geschäftsbeziehung von Apple und Foxconn haben wird.

(bk)

Zum Thema bei TecZilla:

Polizei ermittelt nach Iphone-Suizid

Suizid wegen Apple-Geheimhaltung bestätigt

Prototyp eines Iphones verloren – Selbstmord

Zum Thema im Web:

BBC

CNN Money

Apple Insider

Digitimes

New York Times

Screenshot: Foxconn.com

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Kommentare

3 Stellungnahmen zu “Iphone-Suizid: 37.000 Euro Entschädigung – und ein Macbook”
  1. Anno dazumal sagt:

    „Suns Freundin erhielt angeblich ein Apple-Netbook.“
    … also doch kein Tablett! hmm

    Aber wieso haben die sich so, wenn bei einem Mitarbeiter ein iPhone abhanden kommt, wenn sie zugleich ein noch überhaupt nicht vorgestelltes Produkt an die Freundin verschenken??
    – Das mag mal einer verstehen… – oder war es doch eine MacBook (vlt. sogar noch eins ohne Pro)?

  2. bk sagt:

    Ooops, gemeint war natürlich Notebook (und korrigiert). Offenbar schon zu oft über Apple-Netbooks geschrieben …