Ist Microsoft KIN ein Smartphone?
Von Bernd Kling am 13. April 2010 1 Kommentar
Nein, und wenn es noch so viele Überschriften behaupten
Dem illustrierten Magazin Focus scheint es zuerst in die Headline geraten zu sein, gefolgt von Handelsblatt, Financial Times, Computerbase, Golem, PC Welt, Winfuture, ITespresso, Zeit Online, der Nachrichtenagentur AFP und vielen anderen. Schneller geschrieben als gedacht? Haben sie alle die Mär übernommen, nachdem sie einer in Umlauf brachte?
Soweit zu übersehen, haben sie es nicht aus englischsprachigen Quellen übernommen, es vervielfältigte sich vielmehr exklusiv zwischen deutschen Medien. Waren diese Schreiber unwillig, wenigstens bei Wikipedia die üblichen Mindesteigenschaften von Smartphones nachzulesen, wenn sie schon nicht geläufig sind?
Sie laufen schlicht darauf hinaus, dass die Benutzer selbst Programme installieren können, die auch gerne von Drittanbietern stammen dürfen. Das gilt beispielsweise für Blackberry, iPhone, Android, Palms WebOS und auch für Windows Mobile.
Es trifft aber eben nicht zu auf Kin One und Kin Two, die beiden Modelle, die Microsoft unter dem Codenamen „Pink“ entwickelte. Sie können schon gar nicht „zeigen, wozu das Betriebssystem Windows Phone 7 fähig ist“ – diese verwegene Behauptung saugte sich vielmehr ein Thomas Heuzeroth bei „Die Welt“ aus den schreibenden Fingern.
Sie laufen tatsächlich unter einem von Microsoft noch nicht näher bezeichneten Betriebssystem, das allem Anschein nach auf Windows CE basiert. Sie müssen mit ihrer integrierten Software auskommen. Es gibt keine weiteren Apps, keinen App Store, kein Entwickler-Kit für die Kin-Phones. Etwas anderes hat auch Microsoft nie behauptet, sondern sich vielmehr größte Mühe gegeben, die Unterschiede herauszustellen.
War das jetzt so schwierig? Und müssen Leute, die Äpfel und Birnen nicht auseinanderhalten können, unbedingt über neue Obstsorten schreiben?
Mit Windows Phone 7 gehe es darum, den Menschen das Leben einfacher zu machen, drückte es Robbie Bach vielleicht etwas zu blumig aus, der für die Microsoft-Sparte Entertainment and Devices verantwortlich ist. Die Kins hingegen seien Social Phones und dafür gut, „ihr Leben vielseitiger zu gestalten“. Mit Social Phones vermied er allerdings tunlichst, seine Produkte als gewöhnliche Feature Phones zu bezeichnen.
Das übersetzt sich in ihre Ausrichtung auf Social Media von Facebook über MySpace zu Twitter, für die beide Modelle passende Volltastaturen mitbringen. Ein Startbildschirm namens Kin Loop sammelt, was von Social Networks eingeht – wie es bereits Palm bei WebOS und Motorola mit der Oberfläche Motoblur für Android-Smartphones vormachte.
Kin One und Kin Two stehen in der Entwicklungslinie der Sidekick-Geräte von Danger, eines von Microsoft 2008 übernommenen Herstellers. Wie Sidekick sind es weitgehend Cloud-basierte Handys, die ihre Daten über Microsofts Server austauschen und sichern („Kin Studio“), für Musik und Videos auf Zune-Dienste zugreifen. Sie sind zugleich Zune-Medienplayer und sollen vor allem jüngere Nutzer ansprechen, während Windows Phone einen breiteren Kundenkreis einschließlich geschäftlicher Nutzer zufriedenstellen soll. Eine „geschlossene Strategie rund um Windows Phones“, wie es Microsofts Robbie Bach nennt.
Die Kin-Handys sind in den USA ab Mai angesagt. In Deutschland sind die Smartphones, die keine sind, im Herbst und zu noch ungenannten Preisen bei Vodafone zu erwarten.
Abbildung: Microsoft
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Was andere über diesen Beitrag sagen ...[…] geschrieben, vielfach kopiert: Das Kin One und das Kin Two sind Smartphones. Doch wie auch in diesem Bericht auf der Seite teczilla.de ausführlich berichtet, gehören die beiden Handys laut […]