Leistungsschutzrecht: Springer & Co rufen nach neuer PC-Gebühr

Von am 12. März 2010 1 Kommentar 

Noch eine Verwertungsgesellschaft, noch eine PC-Abgabe

Das von den Verlagskonzernen geforderte Leistungsschutzrecht steht bereits im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierungskoalition, obwohl weder Öffentlichkeit noch Politiker eine blasse Ahnung haben, was überhaupt darunter zu verstehen ist. Es geht darum, mit allen Mitteln Geld in die eigenen Kassen zu bekommen, lässt Springers Cheflobbyist Christoph Keese jetzt heraus.

Eine Kartellausnahmegenehmigung soll es ermöglichen, wieder einmal eine neue Verwertungsgesellschaft zu gründen. Die soll dann nicht nur Google irgendwie abkassieren dürfen, sondern so ziemlich alle, die sich in die Taschen greifen lassen. Der Vertreter des Springer-Konzerns nannte in einer öffentlichen Diskussion „alle gewerblichen Nutzer der Verlagsangebote im Internet“ und explizit „die schätzungsweise 20 Millionen gewerblich eingesetzten PCs in Deutschland“.

Eine VG der deutschen Verlagskonzerne wäre eine weitere Organisation, die für Medieninhalte im Internet die Hand aufhält, um die Beute nach Abzug beträchtlicher Verwaltungskosten nach komplexen Spielregeln zu verteilen, die letztlich nur die Insider verstehen. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt sind vor allem GEMA und GEZ, die auch online zunehmende Begehrlichkeiten entwickeln.

Für Texte schon lange dran ist auch die VG Wort mit Abgaben auf PC-Komponenten und Peripherie, die mit gesetzlicher Rückendeckung erhoben werden. An diesen Einnahmen sind die Verlage längst beteiligt, müssen sie aber mit den Autoren als den tatsächlichen Urhebern teilen. Teilen liegt ihnen nicht, deshalb drängen ihre Lobbyisten zu einer weiteren Verwertungsgesellschaft mit der Lizenz, allein für sich kassieren zu dürfen.

„Wir organisieren die Rangreihenfolge“

Und wie lautet die Begründung in einer Zeit, da Nachrichten längst allgegenwärtig und nicht auf gedrucktes Zeitungspapier und seine Aushängefläche am Kiosk beschränkt ist? Eine „Rangreihenfolge“ muss herhalten, laut Keese von den Konzernschreibern hergestellt: „Das Netz quillt über mit Informationen – wir organisieren die Rangreihenfolge. Das ist die Leistung, die wir bringen.“

Eine besonders bei Springer eher mangelhafte Leistung, wie Thomas Knüwer unterhaltsam belegt.

Immer weiter kassieren für nostalgische Geschäftsmodelle?

Zugleich erzielt der Springer-Konzern bereits ein Fünftel seines gesamten Umsatzes im Internet. „Wir verdienen dieses Geld allerdings nicht mit Journalismus“, klagt Keese. Umsatzbringer nennt er Firmenbeteiligungen wie die Preisvergleichsmaschine Idealo und die Stellenbörse Stepstone. Überlebensfähig seien daher viele Angebote nur durch Querfinanzierungen.

Das sagt der Springer-Lobbyist ganz ernsthaft, als hätte er tatsächlich vergessen, dass journalistische Angebote in Zeitungen schon immer auf einer Quersubventionierung beruhten. Die Anzeigenmärkte der Tageszeitungen mit ihrer lokalen Monopolstellung, die zahllosen Kleinanzeigen wie die großformatigen Stellenangebote, finanzierten die journalistischen Inhalte. Das ist auch online nicht anders, nur ließen sich viele Verlage die Butter vom Brot nehmen, weil sie zu zögerlich ins Online-Zeitalter gingen.

Die Versäumnisse der Verlage rächen sich

In den USA räumte der Kleinanzeigenmarkt Craigslist online ab, was die Verlage mit ihrer abwartenden Haltung freiwillig aufgaben. Jetzt kommt es für viele von ihnen zu spät, in den USA steht eine Pleitewelle bekannter Zeitungen an, die mit einiger Verzögerung auch nach hier schwappen wird.

Auch deutsche Verlagslobbyisten hätten besser hinhören sollen bei einer Anhörung der US-Handelsbehörde FTC zu diesem Thema. Dort präsentierte Googles Chefökonom Hal Varian einen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung der Tagespresse von 1959 bis heute. Er wies darin nicht nur auf die schon immer praktizierte Quersubventionierung journalistischer Leistungen hin, sondern auch auf die auffallend geringen Verweilzeiten (im Schnitt weniger als 70 Sekunden täglich) der Besucher auf den Online-Sites der Zeitungen im Vergleich zu vielen anderen Sites.

Nicht nur einfach die nackten Nachrichten präsentieren, empfiehlt er, sondern mehr als das bieten. Engagieren, experimentieren, Neues wagen. Aber warum sollten Springer & Co sich diese Mühe machen, wenn sie einfach eine Verwertungsgesellschaft gründen und kassieren können?

Abbildung: Rolf Unterberg / Deutsches Bundesarchiv / CC (Wuppertal, Straßenansicht am Abend des 17. Februar 1961, Kiosk)

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Kommentare

Eine Stellungnahme zu “Leistungsschutzrecht: Springer & Co rufen nach neuer PC-Gebühr”
  1. Anonymous sagt:

    Die Einnahmen von VG Wort sollten zu 100% an die Urheber gehen (meinetwegen können hier auch investigative Journalisten etwas bevorteilt werden) – es ist heut zu Tage kaum mehr ein Verlust, wenn die Verleger allesamt pleite gehen.