Was will Microsoft mit einer Architekturlizenz für ARM-Prozessoren?
Von Bernd Kling am 23. Juli 2010
Mutmaßungen über Tablets und mehr
Die Prozessoren der ARM-Architektur dominieren in Smartphones und Tablets. Die von Microsoft abgeschlossene Lizenzvereinbarung ist von der Art, wie sie Chipdesigner ARM auch mit Unternehmen wie Qualcomm, Marvell und Infineon abgeschlossen hat. Geht Microsoft unter die Chiphersteller? Weniger wahrscheinlich, aber es ist eine der vielen Spekulationen, die sich um den Deal ranken, der den Aktienkurs von ARM auf die Schnelle um immerhin sieben Prozent steigen ließ.
Die von Microsoft erworbene Lizenz gibt auch Zugang zu Prozessoren-Interna, wie ARMs Marketingleiter Kerry McGuire erklärt: „Eine Architekturlizenz vermittelt dem Inhaber Zugang zu den Blaupausen der ARM-Architektur und der Prozessor-Implementation.“
Ein sehr weitgehender Zugang, den nicht einmal Chiphersteller benötigen. Viele von ihnen stellen ARM-Prozessoren her, ohne die Architekturlizenz erworben zu haben, die auch gezielte Änderungen der Mikro-Architektur erlaubt. Selbst Samsung kommt ohne sie aus und stellt immerhin auch die ARM-basierten Prozessoren für iPhone und iPad her.
Microsofts General Manager KD Hallman gibt wenig von der damit verbundenen Strategie preis: „ARM ist ein bedeutender Partner für Microsoft, und wir liefern mehrere Betriebssysteme für die Architektur des Unternehmens, insbesondere Windows Embedded und Windows Phone.“
Selbst die langjährige Microsoft-Beobachterin Mary-Jo Foley kommt ins Schwimmen beim Versuch, die Gründe für die erweiterte Vereinbarung zu erklären, die offenbar deutlich über die bisherige Zusammenarbeit zwischen Microsoft und ARM hinausgeht. Ihre Vermutungen zielen auf ein Tablet mit ARM-Chip und Windows Phone als Betriebssystem, aber sie sieht es selbst nur als eine Möglichkeit.
Flüstern hörte sie auch zuvor schon von einem Forschungsprojekt bei Microsoft mit dem Codenamen Menlo, das Windows Embedded Compact durch den Windows-NT-Kernel ersetzen sollte, um ein richtiges Desktop-Windows auch auf mobilen Geräten wie Tablets ernsthaft lauffähig zu machen. Ein durchaus naheliegender Versuch, nachdem die Hersteller reihenweise Abstand nehmen von Windows-Variationen bei ihren Tablet-Projekten. Das zuvor groß angekündigte HP Slate mit Windows 7 ist nur noch begrenzt für Geschäftskunden vorgesehen. Asus wiederum schwenkte beim Eee Pad von Windows Embedded Compact 7 zu Googles Android OS um.
In eine ganz andere Richtung spekuliert der britische Register und verweist darauf, dass Microsofts Spielekonsole Xbox 360 dringend nach einer neuen Chip-Architektur verlangt, zumal ihre Hitzeprobleme noch immer nur mit erheblichem Aufwand in Schach zu halten sind. Als bessere Vermutung böte sich dann aber doch eher eine zukünftige mobile Gaming-Konsole an.
Weder Microsoft noch ARM reden über den Preis der Architekturlizenz oder die weiteren Absichten. Noch im letzten November dementierte Microsoft die Absicht, Windows 7 für Chips der ARM-Architektur zu portieren und verabschiedete sich damit frühzeitig aus kommenden Märkten.
Abbildung: ARM (Optimized ARM Mobile Computing Block Diagramm)