Multitasking: Mehr geht nicht
Von Bernd Kling am 16. April 2010
Französische Wissenschaftler klären, warum das menschliche Gehirn maximal zwei Aufgaben gleichzeitig lösen kann
Auch wenn viele sich gerne der Selbsttäuschung hingeben, die geborenen Multitasker zu sein, verfügt das menschliche Gehirn nur über begrenzte Fähigkeiten in dieser Richtung. Eine Studie der École Normale Supérieure in Paris zeigte mit bildgebenden Verfahren auf, dass das Gehirn zwar auf Multitasking ausgelegt ist, aber in aller Regel nicht mehr als zwei Aufgaben sinnvoll angehen kann.
Schon eine dritte oder gar eine vierte Aufgabe lassen eine andere vergessen. Kochen und telefonieren lässt sich noch vereinbaren, aber dann noch Zeitung lesen? Das klassische Beispiel: Ein Auto steuern, telefonieren, bremsen, unvorhergesehenen Hindernissen ausweichen.
Eine Aufgabe löst Aktivitäten in beiden Gehirnhälften aus. Schon eine zweite Anforderung veranlasst das Gehirn, die Aufgaben zwischen den Gehirnhälften aufzuteilen. Wie die Bildscans zeigen, steht Aktivität im linken Frontallappen im Zusammenhang mit Aufgabe A, im rechten Frontallappen mit Aufgabe B. Als im Versuch eine dritte Aufgabe gestellt wurde, verschwanden die Aktivitäten, die zu einer der ursprünglichen Aufgaben gehörten. Außerdem verlangsamten sich die Probanden und neigten zu häufigeren Fehlern. Die Forscher schließen daraus, dass das menschliche Gehirn „nicht mehr als zwei Aufgaben gleichzeitig unterstützen kann“.
Es erkläre auch, warum Menschen zu „irrationalen Entscheidungen“ neigen, wenn sie die Wahl zwischen mehr als zwei Möglichkeiten zu treffen haben. Dr. Etienne Koechlin, Leiter der Studie:
„Meiner Einschätzung nach ist das vor allem verbunden mit dieser Aufgabenteilung zwischen den beiden Hemisphären, um zwei Aufgaben oder zwei Optionen zu verfolgen, aber nicht mehr. Unsere Ergebnisse erklären wahrscheinlich, warum Menschen gut sind in binären Entscheidungen, aber nicht in Multiple Choice.“
Abbildung: Etienne Koechlin / ENS