US-Kartellklage gegen Intel – neue Milliardenstrafe?

Von am 5. November 2009  

Die EU verhängte bereits eine Geldbuße von einer Milliarde Euro. Jetzt nimmt sich New Yorks Generalstaatsanwalt den Chipdominator vor. Die 87-seitige Klageschrift beschreibt detailliert, wie Intel den Wettbewerb mit schmutzigen Spielen aushebelte.

Eine zivilrechtliche Klage des rivalisierenden Herstellers AMD gegen Intel läuft schon lange, ohne bislang konkrete Folgen zu haben. Die US-Behörden sahen eher gelassen zu, während sich Intel weltweit Klagen wegen drastischer Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht ausgesetzt sah.

Erst jetzt, nach der EU-Steilvorlage, kommt mit New Yorks Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo ein US-Ankläger aus der Deckung, der sich die langjährigen Praktiken Intels tatsächlich in einem Juryprozess vornehmen will. Der einführende Abschnitt der Kartellklage beginnt mit einer nüchternen Beschreibung des Sachverhalts:

„Intel hat sich systematisch weltweit in einem illegalen und den Wettbewerb ausschließenden Verhalten engagiert, um seine Monopolmacht und die Preise im Markt der x86-Prozessoren zu erhalten, den ‚Gehirnen‘ der Personal Computer (‚PCs‘). Mit der Erzwingung exklusiver oder fast-exklusiver Vereinbarungen mit großen Computerherstellern (‚Original Equipment Manufacturers‘ oder ‚OEMs‘) gegen Zahlung von Beträgen, die insgesamt Milliarden von Dollar erreichten, sowie angedrohten Vergeltungsmaßnahmen gegen jedes Unternehmen, das die Forderungen nicht beachtete, beraubte Intel seine Wettbewerber der Chance, gegen Intels Vorherrschaft in entscheidenden Marktbereichen angehen zu können. Dieses illegale Verhalten war in höchstem Maße abträglich für Verbraucher, Wettbewerb und Innovation.“

Schon das Inhaltsverzeichnis der Klageschrift verrät den Wirtschaftsthriller, der sich in einem Marathonprozess entfalten wird. Stichwort Vergeltungsmaßnahmen, nachzulesen auf Seite 50:

Nachdem der führende PC-Hersteller HP sich auf die ausschließliche Verwendung von Intel-Prozessoren eingelassen hatte, musste er noch höhere Preise für sie bezahlen. Das Unternehmen wollte sich aus der Intel-Inside-Falle befreien, unerlässlich aufgrund eigener finanzieller Verluste, und zumindest teilweise AMD-Chips verbauen. Aus Furcht vor Intels Vergeltung verlangte HP jedoch von AMD die Einrichtung eines millionenschweren Fonds, um sich daraus im Falle von Intels Vergeltungsmaßnahmen bedienen zu können. AMD bot mehr als das, nämlich die kostenlose Lieferung von einer Million Prozessoren im ersten Jahr. Intel schlug offenbar zurück mit der Drohung, aus der gemeinsamen Entwicklung von „Itanium“-Porzessoren mit HP auszusteigen, gefährlich für HPs eigene Zukunft. Diese Drohung wurde laut einer internen E-Mail bei HP durch Intels heutigen CEO Paul Otellini persönlich übermittelt. Im weiteren setzte Intel eine Begrenzung auf höchstens 5 Prozent der Business-Desktops durch, die HP mit AMD-Prozessoren ausliefern durfte.

Gar nichts dran an all dem, die Verbraucher haben doch immer von niedrigen Preisen profitiert, argumentierten die Intel-Vertreter stets zu solchen Vorwürfen. Mit rechtlichen Mitteln versucht Intel sogar noch immer, die von der Europäischen Union verhängte Geldbuße aufzuhalten.

Fast gleichlautend beteuert Intel auch im New Yorker Wettbewerbsverfahren die eigene Unschuld. Intel wird es aber schwer haben, sich nach diesen Vorwürfen aus New York noch mit weißer Weste zu präsentieren:

„Aber Intel hat stets Drohungen und Nötigung eingesetzt, Bestechung und Einschüchterung, um die eigene Marktdominanz zu erhalten.“

(bk)

Zum Thema bei TecZilla:

EU nimmt Intel eine Milliarde Euro ab

Intel will über den PC hinaus

Intel-Nokia-Pakt: Neue Chips und mehr

Zum Thema im Web:

Klageschrift des Staates New York gegen Intel (PDF)

Abbildung: John Koetsier / CC (Intel-Zentrale in Santa Clara, Kalifornien)

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