Nokia N900, Maemo und Symbian
Von Bernd Kling am 26. Mai 2009
Im Schatten des leicht misslungenen Starts von Nokias Ovi Store (reden wir nicht weiter drüber) könnte leicht übersehen werden, was für Nokias Zukunft nicht weniger bedeutend ist. Das Tablet N900, auch Rover genannt, ist Vorbote neuer Smartphone-Spitzenmodelle. Sein Betriebssystem Maemo könnte Symbian als OS für Nokias High-End-Geräte ablösen.
Der Vormarsch von Iphone OS, Googles Android und Palms WebOS sowie den mit diesen Betriebssystemen ausgestatten Smartphones scheint den weltweiten Handy-Marktführer endlich aus seiner Behäbigkeit zu reißen. Zwar haben die Finnen schon länger Eisen im Feuer, hielten es aber offenbar lange nicht für notwendig, sie auch wirklich heiß werden zu lassen und zu schmieden.
Ersetzt Maemo Symbian?
So schleppte Nokia seit Jahren mit den Internet-Tablets N770 / N800 / N810 etwas im Angebot mit, was aus unverständlichen Gründen nicht über ein Nischenprodukt hinaus entwickelt wurde. Ende letzten Jahres gab es jedoch bereits eine Andeutung, dass das von Nokia speziell für diese Hardware geförderte Betriebssystem Maemo, das wie Android und WebOS auf Linux basiert, eines Tages Nokias Smartphones zum nächsten Level befördern könnte. Marketing-Vize Lappalainen während der Hauskonferenz Nokia World:
„In der längeren Perspektive wird Linux eine ernsthafte Alternative für unsere High-End-Handys werden.“
Kann und wird Maemo Symbian ersetzen? Das wurde zwar bereits ernsthaft berichtet, ist aber keineswegs anzunehmen. Das in eine Stiftung ausgelagerte Symbian-OS ist ein bewährtes Smartphone-OS und dürfte sich ins Mittelfeld von Nokias Handy-Angeboten ausbreiten, während die neue Maemo-Linie für künftige Flaggschiff-Smartphones gut ist.
Rover, das Über-Smartphone
Erster Vorbote könnte der Nachfolger des Tablets N810 sein, der intern als N900, Rover oder auch „Maemo-Flaggschiff“ entwickelt wurde. Geleakte Dokumente geben bereits glaubhafte technische Details preis und zeichnen ein sehr genaues Bild des zu erwartenden Geräts. Es sieht schon sehr nach Smartphone aus, ist dem angekündigten N97 erstaunlich ähnlich.
Wie das Iphone verfügt es über einen Touchscreen mit einer Diagonale von 3,5 Zoll, punktet aber mit der deutlich höheren Auflösung von 800 x 480 Pixeln und einer ausfahrbaren Volltastatur. Anders als Nokias bisherige Tablets, die nur per WLAN und Skype telefonieren ließen, soll N900 als echtes Smartphone kommen mit GSM, HSPA, WLAN und allem, was inzwischen dazu gehört. Es unterstützt Telefonate über das Mobilfunknetz ebenso wie VoIP. Als Prozessor wird OMAP3430 mit 500 / 600 MHz erwähnt, der auch im Palm Pre zum Einsatz kommt. Mit dabei sind weiterhin eine 5-MP-Kamera von Carl Zeiss, GPS, Bewegungserkennung, 1 GB Arbeitsspreicher sowie 32 GB interner Speicher, extern erweiterbar bis 48 GB.
Vor allem aber läuft Rover mit Maemo als Betriebssystem anstelle von Symbian S60. Das bedeutet volles Multitasking, mehrere Anwendungen laufen problemlos gleichzeitig. Firefox 3 als Webbrowser unterstützt Flash 9.4. Das OS ist für automatische Updates ausgelegt, unterstützt Dienste über Ovi, aber auch Google Talk.
Aus den Angaben glaubt Mobilecrunch erstaunlich nahe Daten für die Markteinführung herauslesen zu können: In den USA über T-Mobile August / September 2009, in Europa im Oktober 2009. Informant „Helsingissa“ habe aber bereits mögliche Verzögerungen angedeutet.
Maemo Harmattan: Der Homescreen lebt
Was als N900 oder Rover umgeht, bestätigte Nokia bislang nur als „Maemo Lead 5 Device“ sowie dem internen technischen Kürzel RX-51. Wie Maemo-Insider zu berichten wissen, gibt es im Kernel-Code zudem Hinweise auf ein zweites Gerät mit der Bezeichnung RX-71, bei dem es sich vielleicht um ein Tablet mit größerem Display handelt oder auch um ein kompakteres Handy ohne ausfahrbare Tastatur.
Mehr über die weitere Entwicklung von Maemo könnte ein geleakter Screenshot verraten, dessen Echtheit allerdings nicht gesichert ist. Er stellt einen Homescreen dar („Harmattan Direct UI“), eine vertikal scrollbare Seite, in der nach Belieben Widgets zu platzieren sind. Sichtbar ist dabei jeweils ein Ausschnitt, wie in der Abbildung durch einen schwachen blauen Rahmen gekennzeichnet. Die Widgets verhalten sich kontextsensitiv und verändern sich beispielsweise je nach Aktivität oder Aufenthaltsort.
(bk)
Abbildungen: Cellpassion (Foto N900), Mobilecrunch (Rendering N900, Screenshot Maemo)
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