Sammelklage gegen Amazon wegen gelöschter E-Books
Von Bernd Kling am 31. Juli 2009 1 Kommentar
Der E-Book-Reader schluckte die Hausarbeiten. Die Löschung des Orwell-Romans „1984“ auf Amazons Kindle machte auch die gespeicherten Notizen und Anmerkungen eines 17-jährigen Schülers unbrauchbar. Er klagt jetzt gegen Amazon, um das Unternehmen an weiteren Löschaktionen zu hindern.
Nicht der Hund fraß die Hausaufgaben, sondern Amazons Kindle. Diese Erklärung dürfte dem 17-jährigen Justin Gawronski in Michigan vermutlich wenig bringen bei seinem Lehrer, dem er noch nicht von dem Zwischenfall zu berichten wagte. Er versucht sich jetzt an Buchhändler Amazon schadlos zu halten, der ihm das angeblich verkaufte Buch still und heimlich wieder abnahm.
Die Aufgabe der Schüler für einen fortgeschrittenen Englisch-Kurs hatte darin bestanden, nach jeweils 100 Seiten eine einseitige Zusammenfassung zu schreiben sowie Reflexionen über alles, was sie gelesen hatten. Um das vorzubereiten, hatte Justin zu zahlreichen Textstellen Notizen gemacht. Die Datei mit den Notizen hatte Amazon zwar nicht zusammen mit dem Buch gelöscht (wie zahlreiche Publikationen noch immer falsch berichten), doch weisen sie nach dem Verschwinden des Buchs ins Leere und sind damit weitgehend unbrauchbar geworden.
Mit seiner Klage will er „helfen, eine Präzedenz zu setzen, damit Amazon das nicht noch einmal macht“ und die Branche auf einen besseren Weg zu bringen. „Wenn du denkst, dir gehört etwas, und es gehört dir doch nicht – so sollte das nicht sein.“
Amazon begründete die umstrittene Löschung mit den Copyright-Verhältnissen in den USA, in denen das Copyright erheblich länger gilt als in vielen anderen Ländern. Die Werke Orwells können daher in Ländern wie Australien oder dem benachbarten Kanada rechtefrei weitergegeben werden, jedoch nicht in den USA.
Anwalt Jay Edelson von KamberEdelson möchte den Status einer Sammelklage erreichen: „All diese Leute benötigen den Unterlassungsanspruch gegen Amazon, um Amazon in der Zukunft daran zu hindern, so etwas zu tun.“
Seiner Einschätzung nach rechtfertigen Amazons eigene Gechäftsbedingungen in keiner Weise, Bücher nach dem Kauf zu löschen: „Die Leute bekommen eine lebenslange Lizenz. Da fragt man sich, wie viele Firmen in der Lage sind, aus der Ferne Daten zu verändern oder Dinge zu löschen.“
Die Anwaltskanzlei will mögliche Prozesserlöse für wohltätige Zwecke spenden.
(bk)
Zum Thema bei TecZilla:
Amazon-Affäre: Free Software Foundation fordert freie E-Books
Zum Thema im Web:
Abbildung: Amazon Kindle DX (Montage: TecZilla)
„Die Anwaltskanzlei will mögliche Prozesserlöse für wohltätige Zwecke spenden.“
Aber sicherlich erst nach Abzug eines gewissen Honorars…
Trotzdem, soviel Idealismus sieht man heutzutage kaum noch!
Hoffe, Amazon muss kräftig zahlen!! 🙂