Twittern war gestern

Von am 30. April 2009 1 Kommentar 

twitter-buschheuer-hey-thereDas Getwitter um den Microbloggingdienst verspricht leiser zu werden. Die Erbsenzähler von Nielsen fanden heraus, dass viele Nutzer ganz schnell wieder aussteigen. Erinnert sich noch jemand an den gnadenlosen Hype um Second Life?

Mehr als 60 Prozent der Twitter-Nutzer in den USA kehren schon im nächsten Monat nicht mehr zu dieser Website zurück, ergaben die Zahlenwerke der Nielsen-Marktforschung. Das bedeutet eine Bleiberate unter 40 Prozent, relativ gering zum Beispiel im Vergleich zu Social Networks wie Facebook und MySpace. In der heißen Abhebephase, in der sich Twitter derzeit noch befindet, konnten diese doppelt so viele Benutzer längerfristig binden. In ihrer heißen Wachstumsphase konnten sie die Bleiberate ihrer Nutzer steigern, und beide liegen noch heute bei fast 70 Prozent.

In den letzten 12 Monaten konnte Twitter meist nicht einmal 30 Prozent neuer Nutzer über einen Monat halten. Die Bleiberate garantiert zwar noch nicht den dauerhaften Erfolg eines Dienstes, gilt aber als die entscheidende Voraussetzung. Die viel berichteten PR-Stunts mit Promi-Personal wie Ashton Kutcher und Oprah Winfrey kann daher auch nur für ein Strohfeuer und Meldungen wie „Benutzerzahlen verdoppelt“ sorgen. Ähnliches dürfte für aktuelle Ereignisse gelten, auch das panische Twittern über die Schweinegrippe wird nicht anhalten.

Twittern zum Abgewöhnen

Nach all den Twitter-Jubelmeldungen bringt das jetzt Überschriften wie „Ist Twitter das nächste Second Life?“, „Twitter flattern die Benutzer davon“ und „Twitter schon wieder auf dem absteigenden Ast?“ Den Vogel schoss die Los Angeles Times ab mit „Nielsen on Twitter: It’s so five seconds ago“.

twitter-buschheuerEine gesicherte Prognose lässt sich aus den Nielsen-Daten allerdings nicht ableiten, wie PC World zu Recht moniert. Zum Thema Twitter gibt es aber auch das vielsagende Bekenntnis der Autorin Else Buschheuer. Sie möchte nach zehn Jahren mit dem Bloggen aufhören, weil sie endlich wieder dazu kommen will, einen Roman zu schreiben. Weil sie doch ihren besten Roman noch nicht geschrieben habe. Zum Abgewöhnen verordnete sie sich Twittern mit der fest eingebauten Begrenzung auf 140 Zeichen:

„Ich kann nicht von heute auf morgen komplett aufhören, aber ich blogge bereits viel weniger. Stattdessen habe ich neuerdings einen Twitter-Account. Für mich verhält sich das Twittern zum Bloggen wie Methadon zum Heroin – ich muss von der Droge loskommen.“

Wenn die Analysten von Nielsen recht haben, ist sie bei Twitter auf dem richtigen Weg. Bleibt noch, erfolgreichen Entzug und einen vollendeten neuen Roman zu wünschen (ich hab mal ein Buch von ihr gelesen aus der Zeit, als sie noch längere Texte konnte). Was sie derzeit so an Belanglosigkeiten vor sich hin twittert, gibt allerdings noch wenig Anlass zur Hoffnung.

(bk)

Screenshot: Twitter

Zum Thema bei TecZilla:

Google kauft Twitter – nicht

Zum Thema im Web:

Nielsen Wire

PC World

Buschheuer twittert

Spiegel Online interviewt Buschheuer

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Kommentare

Eine Stellungnahme zu “Twittern war gestern”
  1. Das Prinzip des Microbloggings wird nicht sterben. Wer sich damit auseinandersetzt, weiß warum. Wer das nicht macht, tut es als „Geschwafel“ ab.

    Wenn jemand wissen möchte, wieso ich das glaube und die weitläufige Interpretation der Nielsen-Studie ziemlich anzweifle, kann folgendes lesen:

    http://www.smartens.eu/blog/2009/04/29/questionable-nielsen-study-60-of-twitter-users-quit-within-four-weeks/

    Wer das dann durchgelesen hat und nicht überzeugt ist:

    http://www.slideshare.net/SMartens/get-the-most-out-of-twitter

    Wem dann der Mehrwert von Twitter nicht klar ist, dem kann ich auch nicht mehr helfen 🙂