Verlegerfrust über iPad-Apps
Von Bernd Kling am 29. Juli 2010 1 Kommentar
Apple lässt die Verlage abblitzen
Was hatten sie nicht alle für Wunder erhofft, vom Axel-Springer-Chef bis zu Medienmogul Murdoch, in Apples Medientablet schon ihre nahende Rettung gesehen. Apple aber geht mit ihnen um wie mit jedem unerfahrenen App-Entwickler und enthält ihnen sogar vor, was eben noch in Aussicht gestellt wurde. Schmerzhaft erfahren musste es eben mit Time Inc. einer der führenden US-Zeitschriftenverlage.
Time hatte eine aufwendige Anwendung eigens für das iPad entwickelt, Sports Illustrated als interaktives Magazin für eine ganz neue digitale Leseerfahrung. Im Abonnement sollte es zum Leser kommen, wie bei Printmagazinen schon immer üblich. Die Abo-App sah den Download der weiteren Ausgaben über iTunes vor, die Zahlungen aber sollten direkt an den Verlag gehen.
Wie von mehreren Quellen berichtet, lehnte Apple die App in der letzten Minute ab. Die Manager von Time Inc. hatten das Frühjahr hindurch mit Apple verhandelt und das Einverständnis mit ihren Abo-Plänen signalisiert bekommen. Die Absage kam wie üblich ohne Begründung, und den Verlegern bleibt nur das Rätseln über Apples Beweggründe. Irritiert sind sie darüber hinaus, dass für Apple einige App-Lieferanten gleicher sind als andere. So durften Amazon und Murdochs Wall Street Journal auch direkt mit den Kunden abrechnen.
Selbst einem Verlag wie Time, Inc. bleibt jetzt nur, jeweils einzelne Ausgaben über Apples App Store abzusetzen. Steve Jobs sitzt als Verkäufer im Kiosk und nimmt nicht nur seinen Anteil, sondern vorenthält den Verlagen die Kundendaten. Das verärgert die Verleger noch mehr als die verlorenen 30 Prozent. Die direkte Verbindung mit den Abonnenten war immer ihre Geschäftsgrundlage und erlaubte ihnen, insbesondere ihren loyalsten Kunden weitere Angebote zu unterbreiten.
Wie tief der Ärger inzwischen sitzt, bringt ein Verleger auf den Punkt: „Sprechen Sie mich bloß nicht darauf an.“
Ist natürlich ziemlich dumm von Apple so zu verfahren. frage mich aber, was es mit diesen „verlorenen 30 Prozent“ auf sich haben soll. Die normale Vertriebsmarge von Pressegrosso oder auch Buchhandel beträgt 50 Prozent. Dieses Verlegergejammer ist daher verlogen…