Wenn die Zeitung mit dir redet
Von Bernd Kling am 30. September 2010
… will dir VW mit einer sprechenden Anzeige ein neues Auto verkaufen
Zumindest in Indien hört sich das so an. Wer die Times of India oder The Hindu aufschlägt, sieht nicht nur die Werbung für Volkswagen Vento, sondern wird von der Zeitung bequatscht, als hätte er ein Radio angemacht. Der letzte Versuch einer dem Untergang geweihten Branche, sich ins Online-Zeitalter zu retten?
Ein auf Licht reagierender Sprachchip wird aktiviert, wenn die Zeitung geöffnet wird. Ein wütender Leser beschwerte sich bei der Times: „Ich habe 15 Minuten gebraucht, um einen Weg zu finden, das Ding stumm zu schalten. Sie hätten es mit Anweisungen versehen müssen, wie man es zum Schweigen bringt.“
Zu Problemen führte es auch für die indische Obrigkeit. Die Polizei in Delhi erhielt zahlreiche Anrufe irritierter und verängstiger Zeitungsleser. In Mumbai rückte eine Einheit zur Bombenentschärfung aus, nachdem Passanten misstrauisch wurden aufgrund der Geräusche, die von weggeworfenen Zeitungen in Papierkörben stammten. Ein Flug von Delhi nach Mangalore verzögerte sich, weil sich Passagiere über die seltsamen Töne aus Zeitungsstapeln beschwerten. Die Fluggesellschaft erwägt ein Verbot von Zeitungen mit sprechenden Anzeigen.
VW nimmt für sich in Anspruch, damit eine Innovation angestoßen zu haben. Lutz Kothe, bei Volkswagen Indien für Marketing und PR verantwortlich: „Wir wollten es anders machen. Innovation ist schließlich der Kern unserer Marke.“