Digg: Werbung zum Abwählen

Von am 13. Juni 2009  

digg-ads-2Online-Publishing muss ganz oder überwiegend durch Werbung leben, kennen wir. Digg.com überrascht mit einer neuen Idee, um die Leser damit nicht übermäßig zu nerven.

Die Zukunft der Werbung?

Die Werber beklagen, dass die Leser längst „bannerblind“ geworden sind, was natürlich mit ihren langweiligen Werbeeinblendungen zu tun haben könnte. Insbesondere Verleger im IT-Bereich (hat hier jemand Heise gesagt?) jammern, dass ihre Technik-affinen Leser dazu neigen, sich mit Adblockern gegen die blinkende Langeweile zu wehren.

Seitenumleitungen und andere Ärgernisse

Eine Publikation, die hier nicht erwähnt werden muss, belästigt ihre werberenitenten Leser sogar mit einer eingeblendeten Botschaft und der Aufforderung, doch bitte den Werbeblocker auszuschalten. Den Werbeagenturen wiederum fällt nichts Besseres ein, als immer noch belästigendere Werbeformen zu kreieren (deshalb nennen sie sich also Kreative), die den Benutzer verärgern und erst recht zur Werbeblockade treiben.

Publisher können sich dagegen oft nicht wehren, da die Agenturen auf dieser dummen Leserbelästigung bestehen. Sie tragen wiederum selbst aktiv zur Verärgerung von Lesern bei, wenn sie beispielsweise Nutzer, die eine Software herunterladen wollen, über ihre Seiten umleiten, um ihre PI-Zahlen zu erhöhen. Diese Seiten, die nur verärgert weggeklickt werden, zählen für die Erbsenzähler von IVW wie richtig gelesene Beiträge, und bringen dem Publisher bares Geld für die eingeblendete Werbung. Auch wenn die nur mit Verärgerung zur Kenntnis genommen wird, wenn überhaupt. Die kurzfristigen Vorteile, die sich Werber wie Publisher von solchen nervigen Tricksereien versprechen, müssen sich schon auf mittlere Sicht ins Gegenteil verkehren.

Geht’s auch anders?

Ja. Vorausgesetzt, man ist wirklich kreativ und nennt sich nicht nur so. Die Leute von Digg.com haben sich von Microsoft als ihrem bisherigen Werbevermarkter verarschiedet, um es anders zu machen. Die Digg-Macher gehören zu den insbesondere von netzunkundigen deutschen Verlagsmanagern so angefeindeten Newsaggregatoren und wollen eine verblüffende Idee umsetzen.

digg-ads

Sie lassen auf ihrer Social News Site die Leser abstimmen, was sie gut finden und nicht so gut. Das machen sie schon länger mit den Nachrichten selbst: Je mehr Leser eine Nachricht spannend finden, desto besser und weiter oben wird sie platziert. In Zukunft dürfen sie durch die Vergabe von Punkten, vielmehr Diggs auch über die Werbung abstimmen. Mit Folgen, die die Werber überraschen könnten:

„Je mehr eine Anzeige gediggt wurde, desto weniger muss der Werber dafür bezahlen. Umgekehrt läuft es so, je mehr eine Werbung abtaucht in der Gunst der Leser, desto mehr muss der Auftraggeber dafür bezahlen, so dass sie über den Preis aus dem System gedrängt wird.“

Diesem Konzept ging die Beobachtung voraus, dass die Digg-Community beispielswiese gerne die Trailer neuer Filme nach oben wählt. Und was ist ein Trailer anderes als Werbung, die besondere Akzeptanz findet?

Umkehr der Werbung

Die Werbung soll zwischen den Nachrichten erscheinen, gekennzeichnet als „Sponsored“. Sie geht wie die anderen Beiträge durch die Abstimmung der Nutzer nach oben oder abwärts. Das abgebildete Beispiel zeigt, wie es aussehen könnte. Die Pilotphase des Projekts beginnt in den nächsten Monaten mit der Vorgabe, Werbung weniger ärgerlich zu machen: „Unser Ziel ist es, mit den Digg Ads eine bessere Erfahrung zu vermitteln, indem wir euch mehr Kontrolle über die Werbung geben, die auf Digg erscheint.“

Jeff Jarvis von BuzzMachine, der gründlicher als andere über die Zukunft des Online-Publishing nachdenkt, hält es für eine gute Idee:

„Das ist eine Umkehr der Werbung, aber es ist vermutlich der Weg, den die Werbung gehen muss: Je besser Ihre Beziehung (die auf einem besseren Produkt und besserem Service beruht), desto mehr werden Ihre Kunden für Sie eintreten, desto weniger müssen Sie für die Vermarktung bezahlen.“

(bk)

Zum Thema bei TecZilla:

Verlegerlobby fordert noch mehr Stoppschilder im Internet

Zum Thema im Web:

BuzzMachine

Digg The Blog

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Screenshots: Digg.com

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