Worte des großen Vorsitzenden Steve Jobs über Revolution, Freiheit und Pornographie
Von Bernd Kling am 16. Mai 2010
Der Apple-CEO verkündet seine Botschaften per E-Mail
Es war nach Mitternacht kalifornischer Zeit, als Steve Jobs auf die wütende Mail eines Schreibers von Valleywag reagierte. Das ist so etwas wie eine Online-Klatsch-Postille von Gawker Media, die sich mit den Reichen und Abgehobenen im Silicon Valley beschäftigt – und der gleiche Laden macht zufällig auch den Tech-Blog Gizmodo.com, der vor kurzem den Prototyp des kommenden iPhone 4G / HD enthüllte.
Ryan Tate hatte sich einen Stinger-Cocktail eingeschenkt und war in Rage geraten über einen TV-Spot für das iPad („es ist bereits eine Revolution, und dabei hat es erst begonnen“). Abends um 9 Uhr 34 feuerte er eine Mail an Steve Jobs ab mit den Fragen, die Apples Werbung bei ihm auslösten:
„Wenn Dylan heute 20 wäre, wie sähe er Ihr Unternehmen?
Würde er glauben, das iPad hätte auch nur das Geringste zu tun mit ‚Revolution‘?
Bei Revolutionen geht es um Freiheit.“
Vielleicht stieg Steve Jobs darauf ein, weil Tate Bob Dylan erwähnte, einen von Jobs verehrten Folk- und Rockmusiker, in den 1960ern als Protestsänger gerühmt. Steve Jobs sollte in seiner Antwort tatsächlich auf dessen Song The Times They are A-Changin‘ anspielen, auch wenn sie gar nicht im Sinne Dylans ausfiel. Um 0 Uhr 52 reagierte Jobs und deutete Apples umfassende Kontrolle zu einem Akt der Befreiung um, erklärte die Unfreiheit zur Freiheit:
„Ja, Freiheit von Programmen, die Ihre privaten Daten stehlen. Freiheit von Programmen, die Ihre Batterie ruinieren. Freiheit von Pornographie. Ja, Freiheit. The times they are a changin‘, und ein paar herkömmliche PC-Leute haben das Gefühl, als gleite die Welt unter ihnen weg. Das passiert tatsächlich.“
Die Polizeiaktion gegen den Kollegen von Ryan Tate, die auf Betreiben von Apple erfolgte, wie aus den veröffentlichten Ermittlungsunterlagen zu entnehmen, spielte Jobs wie eine Erfindung von Blogs herunter:
„Sie sind so fehlinformiert. Niemand hat irgendwelche Türen eingetreten. Sie glauben vielen falschen Berichten von Bloggern.“
Der E-Mail-Wechsel zog sich hin bis in die frühen Morgenstunden – die abschließende Jobs-Mail kam um 2 Uhr 20 mit dem absoluten Killerargument eines Konzernherrn. Wer nicht Ähnliches geleistet hat, der hat einen Steve Jobs nicht zu kritisieren:
„Was uns angeht, wir tun nur alles, was wir können, um eine Benutzererfahrung zu schaffen (und zu erhalten), wie wir sie uns vorstellen. Sie können anderer Ansicht sein, aber unsere Motive sind echt.
Was haben Sie übrigens schon Großes geleistet? Schaffen Sie irgend etwas oder kritisieren Sie nur die Arbeit anderer und setzen ihre Beweggründe herab?“
Den treffenden Kommentar dazu gab bei VentureBeat Paul Boutin, zuvor selbst Redakteur bei Valleywag und Wired: Steve Jobs trete immer mehr wie Fake Steve auf – eine Parodie auf den echten Steve Jobs, dem Newsweek-Redakteur Dan Lyons die Worte in den Mund legt.
Abbildung: Matt Buchanan / CC (Steve Jobs mit iPad)