Zypries macht sich eine Google

Von am 11. Mai 2009 2 Kommentare 

TGDW 2: Tech-Geblubber der Woche

tgdw-logo-colorPolitiker und Medienmogule sagen Google den Kampf an und halten seltsame Reden über neue „Leistungsschutzrechte“, die sich ratlose Verlage wünschen, seit sie sich in den Online-Welten zurechtfinden müssen. Was wollen uns die Bundesjustizministerin und Springer-Konzernchef Döpfner damit sagen? Und weiß Brigitte Zypries inzwischen, was ein Browser ist?

Das und weitere Blasen der Netzkultur im Blubberblick der Woche.

„Urheberrecht fit machen für das digitale Zeitalter“

Brigitte „Was sind jetzt noch mal Browser“ Zypries hat wieder mal versucht, sich dem Thema Internet zu stellen. Und sich eine Rede schreiben lassen, von der wir nur hoffen können, dass sie auch von ihr selbst verstanden wurde.

Sie stellte „Gefahren für das Urheberrecht“ fest und fand sie „vor allem am Beispiel Google“. Es sei ach so schwierig für die Verlage, Verletzungen des Urheberrechts zu verfolgen, deshalb müssten neue Gesetze her. In der kommenden Legislaturperiode müsse man „ein eigenes Leistungsschutzrecht für Verlage ernsthaft diskutieren“. Und bei der Gelegenheit könnte man auch gleich die Anonymität im Internet weiter einschränken.

Inmitten ihrer Rede zur Eröffnung einer internationalen Konferenz zur Zukunft des Urheberrechts trug sie diese Lobbyistenforderung vor, die aus einer konzertierten Verlegerkampagne stammt, und übernahm fast wörtlich deren Kernaussagen:

brigitte-zypries„Die Buch- und Presseverlage erbringen ebenso wie die Hersteller von Tonträgern und Filmen eine ganz erhebliche eigene organisatorische und wirtschaftliche Leistung. Ich kann mir deshalb gut vorstellen, dass auch die Verlage in Zukunft ein eigenes Leistungsschutzrecht bekommen. Dabei geht es nicht darum, den Autoren und Journalisten Konkurrenz zu machen oder ihre Rechte zu schmälern. Es geht darum, das Urheberrecht insgesamt zu stärken.“

Das sieht man bei Deutschen Journalisten-Verband (DJV) allerdings ganz anders als die Verleger und die Bundesjustizministerin. Es gehe in der Kampagne um die „Leistungsschutzrechte der Verlage“ tatsächlich darum, die Errungenschaften des Urheberrechts auszuhebeln und den freien Journalisten das Urheberrecht zu nehmen.

„Google lebt von unseren Inhalten“

Diese Forderung nach einem Leistungsschutzrecht geht auf eine Kampagne der deutschen Verleger zurück. Die sind verdammt ratlos und haben panische Angst, im Internetzeitalter ihr Informationsmonopol verlieren, das ihnen einst durch Druckmaschinen zufiel, die sich eben nicht jeder leisten konnte. Über die Hintergründe dieser Lobby-Kampagne könnte sich eine mit dem Internet vertraute Ministerin im Handelsblatt und bei Telepolis besser kundig machen.

Kurzfassung: Selbst für kürzeste Zitate möchte gerne kassiert werden, bei Google und auch bei jedem anderen, bei dem es sich lohnen könnte. Da ist das geltende Urheberrecht im Weg, das vor allem für die Autoren gedacht ist und nicht für die Verlage. Anders läuft es zum Beispiel in der Musikindustrie. Dort haben die Musikkonzerne die Hand drauf und speisen die Künstler mit ein paar Brosamen ab. In diese Richtung wollen die Verlagslenker das Urheberrecht auch für Zeitungen, Zeitschriften und Bücher umkrempeln. Die Justizministerin stößt ins gleiche Horn, wieviel auch immer sie davon mitbekommt.

An vorderster Front kämpft in dieser Kampagne Axel-Springer-Boss Matthias Döpfner gegen diese schreckliche „Kostenloskultur“ im Internet, in dem die „Inhalte geklaut werden“. Natürlich nicht ohne die Suchmaschine zu nennen, denn auch Google lebe „von unseren Inhalten und deshalb müssen wir unsere Leistungen besser schützen.“

Die schützenswerten Inhalte von BILD, Springers journalistischem Flaggschiff, dessen Kampagnen Politiker in hektische Meinungsumschwünge treiben? Des Organs, das Google unterstellt, Bambis zu killen?

„Browser? Was sind jetzt noch mal Browser?“

Rückblende. Ehrlich, diese ratlose Frage an Beistehende richtete Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, als sie von Kinderreportern in die Zange genommen wurde. Die baten sie vorlaut darum, mal verschiedene Browser zu nennen. Wer es nicht glauben will, hier noch einmal die Ministerin im verzweifelten Originalton, das Gesicht ein einziges Fragezeichen. Vielleicht sollte sie mal im Badezimmer nach dem Brauser gucken oder – wenn es ihr nicht zu bedrohlich erscheint – mal danach googeln?

So ein Pech, dass dieser Archivschnipsel noch immer nicht verschwunden ist. Er ist nach wie vor bei YouTube zu besichtigen, auch einem dieser Google-Dienste. Die Dame, die letztes Jahr zwei Notebooks vermisste, hat den Kinderreportern außerdem noch verklickert: „Ich bin nicht so jemand, der so, ähm, im Internet rumspielt. Sondern ich hab da immer konkrete Fragen, und da guck ich immer, wo ich die Antwort finde.“

Microsoft prangert Google an

Es gibt Zillionen Gründe, sich kritisch mit der Datensammelwut Googles zu beschäftigen. Das geht nur gründlich daneben bei Politikern, die sich noch so schwer tun mit dem Browsen und dem Googeln. Denen bleibt nichts anderes, als den PR-Sprech zu blubbern, den ihnen die jeweils nahestehenden Lobbyisten vorgeblubbert haben. Damit landen sie inmitten der PR-Schlachten, in die derzeit Medienkonzerne, Microsoft und Google verstrickt sind.

Da gibt es sogar einen, der bei Microsofts PR-Agentur als „unser Abgeordneter“ läuft, wie die Financial Times Deutschland mitbekam. Und es gibt einen Verein namens Icomp, eine „Initiative für wettbewerbsfähige Onlinemärkte“, dessen Vertreter in Brüssel agitieren und nicht müde werden, Google als Monopolisten und Datenkrake anzuprangern. Das einzige zahlende Mitglied dieses Vereins heißt Microsoft – ausgerechnet der Konzern, der den Rekord an EU-Bußgeldern für Wettbewerbsverhinderung hält.

Von der Buchverleger-Lobby kommt bereits Lob für die „Fortschritte in der Politik“. Es gebe seit der Heidelberger Erklärung bei Justizministerin Brigitte Zypries und Kulturstaatsminister einen Stimmungsumschwung „vor allem gegenüber Google und dem Buchsuche-Vergleich“.

„Googles unaufhaltsamer Abstieg“

Ein Kolumnist der Wirtschaftwoche hat sich zufällig auch gerade einen Kopf über Google gemacht und kommt zu ganz anderen Ergebnissen. Zunächst.

Man habe in den letzten Monaten „viel Böses“ über Google gehört, aber Google habe seine besten Zeiten doch schon hinter sich. Das hat er anhand von vier Trends ausgemacht. Erstens weniger Suchanfragen, wie immer er das gezählt hat. Zweitens, die Webseiten werden von Google unabhängig. Drittens, der Google-Algorithmus wird alt und könnte schnell mal von Konkurrenten überholt werden. Viertens, Google wird uncool: „Bald wird die Suchmaschine so altbacken und konventionell wirken wie heute ein Pentium-PC mit Windows 98. Und das kostet letztlich Kunden.“

Unterhaltsame Thesen eines Meinungs-Kolumnisten, der sich selbst als „ein überzeugter Windows-Anwender“ bekennt und dessen Name unlängst unter Texten „Sponsored by Microsoft“ gesichtet wurde. Jetzt aber holt er erst richtig aus: Eben weil diese Trends die Macht Googles schwächten, komme jetzt der gefährliche …

„Plan B aus Mountain View“

Plan B ist laut Mehmet Toprak „die gigantische Digitalisierungsinitiative, bei der Bücher, die Erdoberfläche, der Meeresgrund und alle Straßen dieser Welt komplett gescannt, fotografiert und gespeichert werden sollen. Irgendwann könnten dann auch Filme hinzu kommen, Youtube gehört ja schon zu Google. Ein Privatunternehmen aus Mountain View in Kalifornien als Hüter der Weltkultur – eine düstere Aussicht.“

Dann doch lieber fest auf Vater Staat vertrauen: „Dies ist ein Projekt, das in die Hände von Regierungen gehört und nicht in die eines börsennotierten Unternehmens.“ Noch gebe es „die zweite Chance, ein gefährliches Monopol in der Informationsgesellschaft zu verhindern“ – meint der Autor, der in einer früheren Kolumne im gleichen Magazin schrieb:

„Ich liebe Computer, deshalb bin ich Windows-Anwender.“

Auch ein schöner Satz. Der offenbar auf wundersame Weise verschwand, nachdem ich ihn hier schon einmal zitierte. Man kann sich aber immer noch in Topraks Technik Talk erzählen lassen, dass „Windows Vista das beste Betriebssystem überhaupt“ ist, MacOS hingegen „langweilig und einschläfernd“ und „Linux eine schlechte Kopie“.

(bk)

Abbildung: Mirko Lindner / Peter Schlömer / CC (Brigitte Zypries, Bundesjustizministerin)

TGDW: Bisher geblubbert

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Kommentare

2 Stellungnahmen zu “Zypries macht sich eine Google”
  1. Oli sagt:

    Dieser Toprak ist ein ganz schöner Depp… Hab den Artikel in der Wiwo gelesen und bin über einen Link hier her gekommen. Also wer behauptet das Microsoft Vista besser ist als das MacOs der muss gekauft oder sehr blöd sein. Anderfalls kann es sich nur um jemanden Handeln der auf abstürzende Betriebssysteme und unerwartete fatale Systemfehler steht.