Apple verbietet Anwendung, mit der Kinder das Programmieren lernen
Von Bernd Kling am 21. April 2010
Kaum zu glauben und fast ein Treppenwitz der Technik-Geschichte:
Die für iPhone und iPad abgelehnte App basiert auf der Arbeit des Computerpioniers Alan Kay, dem Apple viel zu verdanken hat
Hinter dieser Geschichte steckt eine böse Ironie, denn Alan Kay forschte im Xerox PARC Lab, aus dem Steve Jobs die Ideen für den ursprünglichen Macintosh-Recher sowie die NeXT-Plattform bezog, auf der Mac OS X letztlich beruht.
Darüber hinaus entwickelte er schon vor über 40 Jahren das Konzept des portablen Computers Dynabook, das als Vorläufer für Tablets gilt. Steve Jobs weiß das – er soll sogar seinen formalen Dank ausgedrückt haben, indem er Kay ein iPad schicken ließ. Wie ein Treppenwitz der Geschichte erscheint es heute, dass Alan Kay sich das Dynabook 1968 als ideales Gerät dachte, mit dem Kinder mehr über Programmieren und Wissenschaft erfahren können.
Eben dieser Vision verschließt sich nun das iPad. Obwohl die von iPhone und iPad verbannte Anwendung nicht von ihm selbst eingereicht wurde, ist Alan Kay alles andere als amüsiert darüber und bringt es klar zum Ausdruck:
„Kinder wie auch das Internet sind größer als Apple. Und Dinge, die gut sind für die Kinder der Welt, müssen überall laufen können.“

Dynabook-Vision 1968
Sie kam nicht an Apples Zulassungsbürokratie für den App Store vorbei, weil sie Absatz 3.3.2 der Entwicklervereinbarung verletzt, wonach eine App keine Code-Interpreter außer denen von Apple enthalten darf. Apple-Insider wie John Gruber vermuten, dass Apple mit der Regel „Keine Interpreter“ Meta-Plattformen wie Adobe Flash ausschließen will. Demnach könnte das Scratch-Verbot ein Kollateralschaden sein, der sich aus Apples verbissenen geführtem Kampf gegen Flash als konkurrierende und von Geräten unabhängige Entwicklungsplattform ergibt.
Anzunehmen, dass die öffentliche Aufmerksamkeit auch in diesem Fall dazu führt, dass Apple sich besinnt und eine Ausnahmeregelung erlässt. Apple wollte wie üblich nicht kommentieren, dafür aber die Zielgruppe der Anwendung. André Monroy Hernández, beim MIT Media Lab Chefentwickler für die Scratch-Online-Community:
„Ich denke, das ist furchtbar. Selbst wenn die Scratch-App doch zugelassen wird, schickt die Regelung (3.3.2) doch ganz allgemein eine echt üble Botschaft an junge Kreative. Wir haben ein Forum, in dem Kids Kommentare posten, und sie waren wirklich aufgebracht.
Selbst wenn Apple jetzt genehmigt, dann schickt es die falsche Botschaft, dass man das MIT hinter sich haben muss oder als Karikaturist berühmt sein durch einen Pulitzer-Preis, um als Teil dieser digitalen Demokratie akzeptiert zu werden, und ich halte das für richtig, richtig übel. Mehr noch als die Akzeptanz der Anwendung wünsche ich mir, dass Apple seine Grundsätze ändert zu mehr Offenheit.“
Screenshot: Scratch Viewer