Apple verklagt Motorola: Multitouch gehört uns!
Von Bernd Kling am 31. Oktober 2010 1 Kommentar
Der Patentwahnsinn wird auch durch Fingergesten übertragen
Apple eröffnete eine neue Front in den laufenden Patentkriegen und reichte eine Patentklage gegen Motorola ein. Zuvor hatte Motorola gegen Apple geklagt und zugleich die Aufhebung von Patenten beantragt, deren Verletzung Apple wiederum in einer Klage gegen HTC behauptet hatte.
Die Klage erfolgte kurz nach einem Quartalsbericht von Motorola, der das gewinnbringende Comeback Motorolas dank Android bestätigte. Wie bei Apples Klage gegen HTC geht es wieder gezielt gegen Geräte mit Googles Android OS, die Motorola in den USA verkauft: Droid, Droid 2, Droid X, Cliq, Cliq XT, Backflip, Devour A555, Devour i1 und Charm i1. Die angeblich verletzten Patente beziehen sich auf Mobiltelefone, ihre Software einschließlich der Betriebssysteme, Bedienoberflächen und Anwendungsprogramme.
Apple gegen alle
In den Beschreibungen dieser Patente ist viel die Rede von Touchscreens, Multitouch-Oberflächen oder der gleichzeitigen Erkennung mehrerer Finger – überwiegend Verfahren, ohne die längst kein Smartphone mehr auskommt, mit welchem Betriebssystem auch immer es laufen sollte. Apple hatte bereits Anfang letzten Jahres konkurrierenden Herstellern unverhohlen mit Klagen in Sachen Multitouch gedroht. Apples COO Tim Cook im Januar 2009: „Wir sind bereit zu klagen und gegen jeden anzugehen.“
Davon betroffen schien zunächst vor allem Palm, dessen Palm Pre und WebOS Apple als potenziell gefährliche Konkurrenz sah. Palm blieb jedoch unbeeindruckt und wies einfach auf das eigene Portolio von 1500 Patenten hin, angesammelt in 15 Jahren. Das Gleichgewicht des Schreckens bewährte sich, Kampfhandlungen zwischen Apple und Palm blieben aus. Nach der Übernahme Palms durch HP dürfte Apple erst recht keinen Erstschlag mehr in dieser Richtung wagen.
Inzwischen aber hat Apple vor allem Geräte mit Android OS als ernsthafte Konkurrenz für iPhone und iOS ausgemacht und die patentrechtlichen Geschütze neu ausgerichtet. Im März 2010 verklagte das Unternehmen HTC wegen der angeblichen Verletzung von 20 Patenten und nannte in der Klageschrift fast ausschließlich Geräte mit Android OS. HTC war nicht nur im US-Markt erfolgreich mit Android-Smartphones, sondern schien als relativ junges Unternehmen mit einem weniger gewichtigen Patentportfolio leichter angreifbar.
Klagen, Gegenklagen, Aufhebungsklagen
Motorola ging von einer ebenfalls bevorstehenden Patentattacke Apples aus und zur Vorwärtsverteidigung über. Bei einem US-Gericht in Delaware beantragte Motorola Anfang dieses Monats, 12 von Apple gehaltene Patente als ungültig aufzuheben. Die Klageschrift erwähnte ausdrücklich Apples Vorgeschichte, Patente gegen Android in Stellung zu bringen und nannte als Beispiel die Klage gegen HTC: „In der Folge hat … Motorola Mobility gute Gründe für die Annahme, ebenfalls von einer Klage hinsichtlich dieser Patente betroffen zu sein.“
Die Annahme sollte sich noch im gleichen Monat bestätigen. Gleichzeitig feuerte auch Motorola aus allen Rohren mit zwei eigenen Patentklagen gegen Apple. Sie warfen Apple die Verletzung von 18 Motorola-Patenten vor, die von Antennendesign bis zu ortsbezogenen Diensten reichen. Laut Motorola setzt Apple die patentierten Technologien in iPhone und iPad, aber auch in Mac-Computern und Diensten wie MobileMe und dem App Store ein.
Abbildung: Avjoska / CC
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