Belkin und die gekauften Rezensionen bei Amazon
Von Bernd Kling am 19. Januar 2009 2 Kommentare
Ein Belkin-Manager bot Bezahlung für wohlwollende Besprechungen. Die „Rezensenten“ mussten dafür vortäuschen, Belkins Produkte selbst gekauft zu haben und ganz toll zu finden.
Wer hätte diese billige Masche auch von einem bekannten Peripherie-Hersteller erwartet, dessen Produktmix von WLAN-Routern bis zum Sportarmband für das Iphone 3G reicht? Satte 65 Cent wurden willigen Bewertern versprochen, wenn sie als Kundenrezension 25 bis 50 Wörter abließen auf den Webseiten von Online-Händlern wie Amazon oder Newegg und das jeweilige Belkin-Produkt großzügig mit der bestmöglichen Bewertung schmückten – allen 5 Sternen oder 100 Prozent. Der spendable Auftraggeber war Mike Bayard, seines Zeichens Belkin Business Development Representative und als solcher für Amazon und andere Online-Händler zuständig.
Verwendung fand dabei Amazons Dienst Mechanical Turk, der jedoch weder mechanisch noch türkisch ist. Es ist vielmehr nur eine Fassade dafür, Leute in aller Welt billigst mit kleinen Nebentätigkeiten beschäftigen zu können. Wie eben zum Beispiel, alles positiv zu sehen, was von einer bestimmten Firma kommt, und das auf den Produktseiten von Online-Anbietern zu verkünden.
So geht’s: Positive Rezensionen schreiben
Einen Autorenleitfaden zum Schreiben positiver Besprechungen lieferte Belkins Mitarbeiter gleich mit:
* Benutzen Sie Ihre bestmögliche Grammatik und schreiben Sie nur in amerikanischem Englisch
* Geben Sie immer eine hundertprozentige Bewertung ab (so hoch wie möglich)
* Schreiben Sie Ihren Beitrag mit einem Umfang von 25 bis 50 Wörtern.
* Schreiben Sie so, als wären Sie im Besitz des Produktes und benutzten es.
* Erzählen Sie eine Geschichte, warum Sie es gekauft haben und wie Sie es benutzen.
* Danken Sie der Website für das großartige Angebot.
* Kennzeichnen Sie andere, negative Rezensionen als „nicht hilfreich“, nachdem Sie Ihre eigene veröffentlicht haben.
Das 65-Cent-Angebot für’s mechanische Türken sah zufällig auch Arlan Parsa von The Daily Background. Der fand das doch ein bisschen daneben und machte die Praxis öffentlich. Entrüstung wie Spott schwappten daraufhin durch die Gadget-Blogs bis hin zum hellwachen 11k2. Die sich riesig freuten, endlich einmal eine so offenherzige Enthüllung schon lange vermuteter Praktiken der Verkaufsförderung zu erleben.
„Vereinzelter Zwischenfall“
Das sei nur ein vereinzelter Zwischenfall gewesen, klärte Belkins Präsident Mark Reynoso inzwischen auf der Website seiner Firma auf. Er habe mit großer Überraschung und Bestürzung zur Kenntnis genommen, dass einer seiner Mitarbeiter „eine Anzahl von Anfragen auf Amazons Website Mechanical Turk veröffentlicht haben könnte, um Benutzer zu positiven Rezensionen von Belkin-Produkten gegen Bezahlung aufzufordern“.
Belkin habe jedoch mit solchen unmoralischen Praktiken nichts zu tun, wünsche sich nur unvoreingenommene Besprechungen. Man entschuldige sich ausdrücklich und wolle ernsthaft daran arbeiten, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen: „Wir betrachten unsere Verantwortung gegenüber unserer Benutzer-Gemeinde als heilig, und wir bedauern außerordentlich, dass dies geschehen konnte.“
Vertriebspartner wie Amazon hätten natürlich ebenfalls nichts von diesen Aktivitäten geahnt und auch keinen Anteil daran gehabt. Reynoso versicherte, Belkin habe schnellstmöglich alle diesbezüglichen Postings bei Mechanical Turk entfernt. Zusammen mit den Vertriebspartnern soll sichergestellt werden, dass alle in diesem Zusammenhang platzierten Rezensionen entfernt werden.
Weitere Hinweise lassen inzwischen vermuten, dass Belkins Verkaufsaktivist Bayard selbst unter wechselnden Namen Jubelrezensionen über Belkin-Produkte verfasste. Sie erschienen bei Amazon und weiteren Sites wie dem Preisvergleichsdienst PriceGrabber.
(bk)
Abbildungen: The Daily Background
hä? 65cent? was versteh ich da denn nich? ür 65cent lass ich mich doch zu so nem scheiss nich hinreissen… oder krieg ich die für jeden klick drauf? nix raff…
Der Amazon-Marktplatz „Mechanical Turk“ vermittelt solche Kleinstauftrage in alle Teile der Welt. Auch in solche, in denen 65 Cent noch richtig Geld sind …