China-Freund Bill Gates: Warum verlässt Google nicht die USA?
Von Bernd Kling am 27. Januar 2010
Der weltrettende Philantrop entdeckt sein Herz für Chinas Zensoren (und nebenbei, Chinas Gesetze seien nicht schlimmer als deutsche). In mehreren Interviews schlug er sich auf ihre Seite und echauffierte sich über Google. Der Feind meines Feindes ist mein Freund?
Microsofts Gründer und Chairman war gerade auf dem Weg zum Weltwirtschaftsforum in Davos, um dort neue Wohltaten für ärmere Länder zu verkünden. Er kam noch auf einen Sprung bei der New York Times vorbei, um über Google, China und den Rest der Welt zu plaudern.
Er sei gar nicht beeindruckt und ein wenig überrascht durch Googles kürzlich ausgesprochene Drohung, die Geschäfte in China sein zu lassen aufgrund von Cyber-Attacken aus China und der zunehmend verschärften chinesischen Zensur. Missmutig ließ er wissen: „Sie haben nichts getan und dafür eine Menge Lob bekommen.“
Man könne mit den Gesetzen in China übereinstimmen oder auch nicht, aber hätten nicht fast alle Länder ein paar umstrittene Gesetze oder politische Usancen, einschließlich der Vereinigten Staaten: „Worauf wollen sie hinaus? Also, wenn Google sich jemals dafür entscheidet, sich aus den USA zurückzuziehen, damit verdienten sie sich meinen Respekt.“
In einem Interview mit dem Sender ABC schlug er in die gleiche Kerbe. Sich Chinas Zensurpraktiken zu beugen, die mit der rigorosen Verfolgung politisch Andersdenkender verbunden ist, gehöre eben dazu, wolle man Geschäfte in einem anderen Land machen: „Also müssen Sie sich entscheiden, ob Sie die Gesetze der Länder befolgen wollen, in denen Sie sich befinden. Wenn nicht, dann können Sie dort vielleicht keine Geschäfte mehr machen.“
Gates verglich Chinas Zensurgesetze nebenbei mit den deutschen Gesetzen. Nicht etwa denen der Nazizeit – sondern vielmehr dem seither geltenden Verbot der Billigung, Verherrlichung und Rechtfertigung der national-sozialistischen Gewaltherrschaft: „Verschiedene Länder haben verschiedene Regeln über Zensur. Wenn Sie in Deutschland äußern, in der Nazipartei zu sein, dann wird das zensiert.“
Bill Gates‘ wohlfeiles Weltbild fand in China großen Widerhall. Es wurde natürlich nicht durch Zensur behindert und kam mit Überschriften wie „Bill Gates spielt für China“ in Millionenauflagen auf die Titelseiten.
(bk)
Abbildung: World Economic Forum / CCBill Gates