Bremsen Patent-Attacken Android aus?
Von Bernd Kling am 29. April 2010
Nach Apple versucht auch Microsoft, die Hersteller von Android-Geräten zu verunsichern
Android OS hat sich nicht nur etabliert, sondern entwickelt sich schneller als alle anderen mobilen Betriebssysteme. Es zieht einen immer größeren Kreis von Entwicklern an, eine weitere entscheidende Voraussetzung, um das Betriebssystem dauerhaft zu etablieren. Die Patentanschläge zeigen, wie ernst Apple und Microsoft das vorrückende Android OS nehmen.
Apple schwang die ganz große Keule und erklärte förmlich den Patentkrieg mit Klagen gegen HTC, gleichzeitig eingereicht bei der Internationalen Handelskommission und einem Gericht im US-Staat Delaware. Die Mammutklagen gegen den führenden Hersteller von Android-Smartphones zielte klar auf Google und das Android OS, während von HTC ebenfalls produzierte Geräte mit Windows Mobile weitgehend aus der Schusslinie blieben.
Microsoft griff nicht sichtbar mit der Brechstange an, sondern drängte den langjährigen Windows-Mobile-Partner HTC erfolgreich zum demonstrativen Abschluss eines Lizenzabkommens. Es zielte offensichtlich darauf, weitere Hersteller vom Android-Kurs abzubringen, sein weiteres Vordringen zumindest zu verlangsamen – oder es eben zu verteuern. Die Behauptung, Android verletzte Microsofts gesammelte Patente, stellte Microsoft nicht einmal öffentlich auf, sondern ließ sie durch die nahestehende Journalistin Ina Fried in Umlauf bringen.
Natürlich ist auch kein Preis bekannt für das, was HTC vielleicht bezahlen könnte, wenn es denn mehr als ein symbolischer Betrag ist. Nur der immer zu einer schnellen Auskunft bereite Analyst Rob Enderle ließ sich zu einer Schätzung hinreißen, die sich auf 20 bis 30 US-Dollar je Gerät beläuft. So absurd das US-Patentrecht ist, erscheint das dann doch reichlich überzogen, zumal nicht das Geringste über die angeblich verletzten Patente bekannt ist. Dennoch, ein entscheidender Vorteil von Android OS – kostenlos auch für die Hersteller zu sein – könnte sich relativieren.
Ein schwerwiegendes Problem für Google und Android ist der patentrechtliche Stellvertreterkrieg gegen HTC in jedem Fall. Das ist schon daraus zu ersehen, dass von Google weder offizielle noch inoffizielle Äußerungen nach außen dringen, wie das Unternehmen zu reagieren gedenkt. „Wir stehen hinter unserem Betriebssystem Android und den Partnern, die uns bei seiner Entwicklung geholfen haben“, hieß es zwar in einer formelhaften Stellungnahme, aber das war es dann auch.
HTC kam in die Schusslinie, weil der Hersteller über kein umfangreiches eigenes Patentportfolio verfügt, das in den USA unverzichtbar erscheint, um überhaupt mit neuen Produkten in den Markt zu gehen: Um mit Gegenklagen drohen zu können, sobald eine Klage eingeht. Hersteller wie Motorola müssen sich aber fragen, ob sie nicht als Nächste dran sind.
Wie Google-Kenner Tom Krazit von Begegnungen mit Google-Mitarbeitern berichtet, kommt bei diesen sichtbares Unbehagen auf, sobald das Thema angesprochen wird. Er erwähnt einen hochrangigen Manager, der zu keinem Kommentar zur Klage von Apple bereit war, auch nicht off the record. Das spricht nicht eben dafür, dass bereits eine aussichtsreiche Gegenstrategie angelaufen ist.