„Deutsche Gerichte im Mittelpunkt weltweiter Patentschlachten“ – New York Times

Von am 9. April 2012  

Am deutschen Patentwesen soll die Welt genesen

Das überkommene Patentrecht, dessen Reform der Bundestag immer mal wieder folgenlos ankündigt, lockt weltweite Unternehmen zu den Gerichtsstandorten Mannheim, Düsseldorf und München. Zwei Drittel aller europäischen Patentklagen werden in Deutschland eingereicht. Apple gegen Samsung, Motorola gegen Microsoft – statt im Markt führen sie den Konkurrenzkampf mit oft trivialen Patenten.

Während es bei ähnlichen Verfahren in den USA oft um hohe Schadenersatzansprüche geht, ist die scharfe Waffe in deutschen Patentstreitigkeiten das Verkaufsverbot durch einstweilige Verfügung. Dieses ständige Patentrisiko wollte selbst Microsoft nicht mehr eingehen und entschied sich deshalb, seine europäische Distributionszentrale in die Niederlande zu verlagern.

Deutsche Gerichte sieht die New York Times „im Mittelpunkt weltweiter Patentschlachten“ konkurrierender Technologiefirmen. Sie zitiert dazu Joachim Henkel, Professor für Technologie- und Innovationsmanagement an der Technischen Universität München: „All diese Verfahren um Patentverletzungen in Deutschland, Europa, den USA und Asien wirken sich auf die Innovation weltweit bremsend aus. Was als patentrechtliche Auseinandersetzung verkleidet ist, ist tatsächlich meist ein von geschäftlichen Strategien bestimmter Streit.“

Das Patentrecht macht es möglich, ein Unternehmen jahrelang an der Nutzung einer Technologie zu hindern, selbst wenn sich die Ansprüche später als unberechtigt herausstellen. So erging es dem Online-Druckdienstleister Unitedprint in Radebeul. Er musste sich seit 2007 gegen eine Patentklage der US-Firma Vistaprint (mit Sitz in Bermuda) wehren, das mit einem „Web-to-Print-Patent“ offenbar den europäischen Markt monopolisieren wollte. Erst am 22. März 2012 erklärte der BGH das angeführte Patent in einem letztinstanzlichen Urteil für ungültig. In dieser Zeit entstanden dem beklagten Unternehmen 6-stellige Kosten bei einem Streitwert von 1,25 Millionen Euro.

In einer nichtbindenden Resolution sprach sich der Deutsche Bundestag schon 2005 parteiübergreifend für eine Reform des Patentrechts aus. Seither ist wenig bis nichts passiert. „Das Thema ist zu kompliziert“, erklärt das Johannes Sommer vom Bundesverband Informations- und Kommunikationstechnologie (BIKT), „und der Druck von kleinen und mittleren Unternehmen war nicht stark genug.“

Abbildung: Avjoska / CC

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