Google Street View: Ein paar WLAN-Daten mehr

Von am 15. Mai 2010 1 Kommentar 

Google gesteht eine peinliche Panne ein, Verbraucherschutzministerin Aigner sieht einen Datenschutzskandal

„Google hat private Netzdaten ausspioniert“ (Bieler Tageblatt), „W-Lan-Mitschnitte – Google erbost die Bundesregierung“ (Spiegel), „WLAN-Scans griffen auch Nutzerdaten ab“ (Gulli), „Google belauscht offene WLANs“ (Golem)- solche und ähnliche Überschriften beschrieben Google wie einen aktiven Spion, der deutsche Straßen und WLAN-Netze mit den Kamerafahrzeugen ausspäht.

„Alarmierend“ fand es ein Sprecher des Verbraucherschutzministeriums, Datenschutz sei für Google noch immer ein Fremdwort: „Wir werden diesen Fall nicht auf sich beruhen lassen. Wie viele Pannen will sich Google eigentlich noch leisten?“

Nachdem schon Street View in Deutschland für weltweit einmalige Aufregung gesorgt hatte, wurde Google ganz kleinlaut. „Das war ein Fehler, den wir zutiefst bedauern und für den wir um Entschuldigung bitten“, ließ sich ein deutscher Sprecher zitieren.

Fragmente von Übertragungsdaten

Viel passiert war eigentlich nicht. Google selbst hatte in einem Blogposting öffentlich gemacht, was bei einer internen Überprüfung herausgekommen war, die aufgrund von Nachfragen Hamburger Datenschützer durchgeführt wurde:

„Es ist jetzt klar, dass wir versehentlich Ausschnitte übertragener Daten aus offenen (also nicht durch Passwort geschützten) WLAN-Netzen gesammelt haben, obwohl wir diese Daten niemals in Google-Produkten benutzt haben.
Wir haben jedoch typischerweise nur Fragmente von Übertragungsdaten gesammelt aus verschiedenen Gründen: Unsere Fahrzeuge bewegen sich; jemand musste das Netzwerk nutzen, während ein Fahrzeug vorbeifuhr; und unsere WLAN-Ausrüstung im Fahrzeug wechselt ungefähr fünfmal in der Sekunde die Kanäle. Zudem haben wir keine Informationen gesammelt, die über sichere, durch Passwort geschützte WLAN-Netze übertragen wurden.“

Es hört sich überhaupt nicht nach einem Datenskandal an, eher nach einer technischen und organisatorischen Panne. Im Jahr 2006 geschriebener Programmcode war in die Software geraten, mit der nur die öffentlichen Namen und MAC-Adressen der Zugangspunkte gesammelt werden sollten.

Aber auch wenn niemand etwas mit den aufgefangenen Datenschnipseln hätte anfangen können, es musste die Aufregung um Google Street View noch einmal erheblich vergrößern. Dass es eigentlich nur darum ging, die öffentlich versandten Adressdaten von WLAN-Zugangspunkten zu erfassen für eine bessere Ortsbestimmung bei Google Maps oder anderen Diensten, war schon vorher kaum verstanden worden.

Andere sammeln weiter

Google – da gibt es offenbar auch eine PR-Abteilung – zog die Reißleine und stellt jetzt die Erfassung von WLAN-Daten durch Googles Fahrzeuge vollständig ein. Es scheint der Preis zu sein, den ein in der Öffentlichkeit durch seine Dienste so präsentes Unternehmen bezahlen muss.

Natürlich werden solche Daten auch weiterhin gesammelt. Das darauf spezialisierte Unternehmen Skyhook Wireless macht es weltweit und auch in Deutschland. Auch das öffentlich geförderte Fraunhofer-Institut IIS ist seit Jahren damit beschäftigt, ohne dass jemand darin datenschutzrechtliche Probleme gesehen hätte. Es sind öffentlich ausgestrahlte Daten der Access Points. Sie sind käuflich zu erwerben, was auch einen Sinn ergibt insbesondere für ortsbezogene Dienste auf mobilen Geräten. Zu Skyhooks Kunden gehört unter anderem auch Apple, dessen iPhone solche WLAN-Daten neben Mobilfunk-Sendeantennen und GPS zur Ortsbestimmung nutzt.

Es scheint schwierig bis unmöglich zu sein, das Politikern wie Journalisten zu vermitteln, die sich mit solchen Details gar nicht erst beschäftigen mögen. Das heißt nicht, dass Google in Zukunft auf WLAN-Positionsdaten zur Ortsbestimmung verzichten kann, wenn es konkurrenzfähige Dienste anbieten will. Google wird sie daher vermutlich wie Apple und andere Anbieter zukaufen von Unternehmen, die weniger im Scheinwerferlicht stehen, den beamteten Datenschützern offenbar gar nicht bekannt sind.

Abbildung: Hotnuts21 / CC (Google Street View Car)

Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • TwitThis



Kommentare

Eine Stellungnahme zu “Google Street View: Ein paar WLAN-Daten mehr”
  1. Peter Debik M.A., time-o-rama.com sagt:

    > „Google – da gibt es offenbar auch eine PR-Abteilung – zog die Reißleine“

    Daran, dass es da eine PR-Abteilung gibt, habe ich so langsam Zweifel. „Tue Gutes und sprich darüber“ scheint bei Google nicht bekannt zu sein. Wenn man den Menschen nicht erklärt, was man tut, muss man sich nicht wundern, wenn alles auf einen eindrischt.

    Und dabei wäre es ein Leichtes, einfach mal in einfachen Worten oder wie bei der Einführung des Google Chrome Browsers als Comic auch denen, die noch immer nicht begreifen, dass man WLAN verschlüsselt, das zu erklären. Wer sein Netz offen lässt, der ist selbst schuld. In jedem Handbuch, jeder Installationsanleitung der Router und jeder Online Hilfe der Provider wird darauf hingewiesen, dass man WLAN Netze verschlüsseln soll. Nun gibt es Menschen, die das nicht machen. Und wenn dann versehentlich zwei Dezisekunden zusammenhangloser Bytefolgen von Google mit aufgezeichnet werden, sind die Chef-Prügeler aus dem Hamburger Casparle-Theater gleich wieder zur Stelle – zur Recht! Denn Google vertut eine Chance nach der anderen, über seine Produkte aufzuklären, Einblick in die Firma zu gewähren, Kontaktmöglichkeiten zu schaffen, sich zu öffnen.

    Wenn man sich so verhält wie ein schwarzes Loch, dann muss man schon damit rechnen, dass vor allem den Bürgern, die sich technisch nicht auskennen, Angst und Bange wird. Obwohl die eigentlich gar keine Angst haben müssten. Das ist halt eine Wirkung mangelnder Außenkommunikation seitens Googles.

    Google bringt unserer Wirtschaft und jedem privaten Internetnutzer soviel Gutes, dass es schon sehr verwundert, wie schlecht sich das Image entwickelt. Das fühlt sich eher so an, als gäbe es keine PR-Abteilung. Schade, ich wünschte, man könnte die Menschen in unserem Land erreichen und sie auf ihrem Informationsstand abholen und darüber aufklären, wie ungefährlich das, was Google macht, wirklich ist. Es ist so wie mit der Einführung des elektrischen Lichts – alle hatten Angst vor der Glühbirne. Oder mit verschlossenen Eisenbahnwaggons – alle dachten, Passagiere würden darin ersticken. Und mit Street View? – alle denken, sie würden ausspioniert. So ein Unsinn.