Hände weg vom Steuer, Google fährt

Von am 11. Oktober 2010 1 Kommentar 

War Google Street View nicht schockierend genug?

Alles ist machbar, glauben sie im Googleplex. Sie wagen etwas, was die Autoindustrie selbst hätte in Bewegung bringen können, weil die Grundlagen dafür längst geschaffen sind. Autojournalisten bekamen von den Herstellern vertraulich zu hören, dass das selbstfahrende Auto gleich um die Ecke kommen könnte – aber sie wagten es nicht, es ihren Kunden zu sagen.

Sie wollten ihre Kunden nicht erschrecken und schon gar nicht die Bleifuß-Fraktion in die Flucht treiben, die schließlich gutes Geld ausgibt für ihre „Emotionen“ am Steuer . Sie beschränkten sich daher auf eine Vielzahl kleiner elektronischer Helfer, um das Fahren immer noch ein wenig einfacher zu machen, um vor unbedachten Spurwechseln zu warnen oder sogar eine automatische Bremsung einzuleiten. Infotainmentsysteme mit Sprachsteuerung, Touchscreens und Apps nehmen dem Fahrer viel ab, könnten aber zu einer noch größeren Ablenkung werden.

Den ganzen Schritt wagte Google und bewies ihn mit Testfahrzeugen basierend auf dem Serienauto Toyota Prius, die 140.000 unfallfreie Meilen unterwegs waren – immer noch begleitet von „Bedienpersonal“, das jederzeit hätte eingreifen können. Google setzte die besten Entwickler darauf an, die bereits bei den DARPA Challenges Erfahrungen gesammelt hatten, von der US-Regierung veranstaltete Rennen für autonome Fahrzeuge. Videokameras, Radarsensoren und Entfernungen ermittelnde Laser waren eine Voraussetzung, dazu bereits ermittelte präzise Straßenkarten, die auch Verkehrszeichen kennen. Den Rest hatten Googles Datenzentren zu leisten, die mit den gewaltigen Datenmengen umgehen konnten.

Unfallfrei? Doch, es gab einen Unfall bei einem der Google-Autos. Als es an einer Ampel hielt, fuhr ein anderes Fahrzeug hinten auf – von einem menschlichen und abgelenkten Fahrer gesteuert.

Googles Glaube an die technische Machbarkeit reicht für die Hoffnung, die Zahl der weltweit jährlich 1,2 Millionen verlorenen Leben im Straßenverkehr halbieren zu können. Und dann wären da noch die in USA durchschnittlich 52 Minuten, die jeder Berufspendler täglich im Verkehr verbringt – unproduktive Zeit, die einfach nur verloren geht.

Geld verdienen mit Roboter-Autos?

Das führt dann auch schon zur Frage, wie damit denn Geld zu verdienen wäre. Die lässt sich zum einen später beantworten wie einst bei der Suchmaschine, mit der Google ohne Geschäftsmodell an den Start ging. Es könnte auf Werbung hinauslaufen wie bei der Suche und bei weiteren Diensten von Google. Selbst unter die Fahrzeughersteller wird Google so wenig gehen wollen wie unter die Handyhersteller. Aber Googles Android OS ist nicht nur eine Plattform für Smartphones, sondern auch die Basis von Google TV – und Infotainmentsystemen für Fahrzeuge.

Das Auto und den Verkehr hat Google schon länger im Blickfeld. Android-Gründer Andy Rubin ließ in einem Interview im Juni 2010 durchblicken, dass Google im Werbegeschäft ist und es deshalb um die Produktkategorien mit den insgesamt großen Stückzahlen gehe: 4 Milliarden Handys, etwa 1,4 Milliarden mit dem Internet verbundene Computer, 1,2 Milliarden Autos, rund 800 Millionen TV-Geräte. Passt alles zusammen, inzwischen zielen Googles ganz überwiegend kostenlose Dienste auf genau diese Kategorien.

„Ein Fehler, dass das Auto vor dem Computer erfunden wurde“

Bei der Konferenz Disrupt in San Francisco versprach Googles CEO Eric Schmidt vor eine Woche neben anderen Utopien das selbstfahrende Auto und erklärte es zu einem „Fehler, dass das Auto vor dem Computer erfunden wurde“. Tatsächlich reicht Googles Traum vom Robocar in eine Zeit zurück, als es die gleichnamige Suchmaschine noch gar nicht gab.

Larry Page beschäftigte sich während seines Studiums an der Stanford University, an der er auf den zweiten Gründer Sergey Brin treffen sollte, intensiv mit besseren Transportsystemen. Er war nahe der Autostadt Detroit aufgewachsen und dachte über kreativere Wege nach, Personen und Güter zu befördern und damit zugleich Unfallzahlen, Kosten und Umweltbelastung zu reduzieren. Seine Kommilitone Sean Anderson erinnert sich, befragt von Buchautor David A. Vise („The Google Story“):

„Er redete gerne über automatisierte Fahrzeugsysteme, bei dem Autos herumfahren, und wenn du eines brauchst, dann springst du hinein und sagst ihm, wohin es fahren soll. Es ist wie ein Taxi, aber es kommt günstiger und beansprucht auf der Autobahn weniger Verkehrsfläche. Er ist sehr leidenschaftlich hinsichtlich der Probleme, um Leute und Güter zu bewegen. Er will die Probleme der Gesellschaft auf unterschiedliche Weise lösen.“

Abbildung: Google / Ollie Rickman

Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • TwitThis



Kommentare

Eine Stellungnahme zu “Hände weg vom Steuer, Google fährt”
  1. Rudolf sagt:

    „War Google Street View nicht schockierend genug?“ Für wen, Herr Kling?