Hat Steve Jobs nur noch sechs Wochen zu leben (fragte Gizmodo.de vor sechs Wochen)
Von Bernd Kling am 26. März 2011
Eine verfrühte Meldung
Apples CEO Steve Jobs hatte bereits das Vergnügen, sich auf offener Bühne über verfrühte Meldungen über seinen eigenen Tod zu amüsieren. Es hätte eine Warnung für ein deutschsprachiges Tech-Blog sein können, sich nicht auf durchsichtige Prognosen über seinen nahen Tod einzulassen. Mark Twain ließ grüßen, aber es kam nicht an.
Als Steve Jobs im Jahr 2008 auffallend an Gewicht verlor, hatte die US-Wirtschaftspresse zumindest noch nachvollziehbare Gründe, sich mit der Gesundheit von Apples CEO zu beschäftigen. Apple hatte damals gezielte Desinformationen verbreitet, seine schwere Krebserkrankung zuerst als eine „ganz gewöhnliche Virusinfektion“ und später als Hormonungleichgewicht abgetan.
Es gab einen schwierigen Interessenkonflikt zwischen der Privatsphäre von Apples CEO und den Investoren seines Unternehmens, zu denen auch große Pensionsfonds gehören. Selbst die US-Börsenaufsicht SEC ermittelte, ob Apple angemessen über die Gesundheitsprobleme des Unternehmenschefs informiert hatte.
Inzwischen aber weiß die Öffentlichkeit mehr als genug über Jobs‘ schwere Erkrankung. Nachdem er eine erneute Krankheitspause einlegte, wurden auch von Apple keine weiteren Informationen erwartet. US-Medien, nicht zuletzt Gadgetblogs wie Engadget.com, halten sich ganz bewusst zurück.
Gizmodo.de wünscht Steve Jobs „alles Gute und baldige Genesung“
Es gibt heute keine Entschuldigungen mehr für Sensationalismus in der Art von Gizmodo.de. Es hilft auch nicht, es abzuwälzen auf eine mehr als dubiose Quelle und die Hände ostentitiv in Unschuld zu waschen. Wenn ein für Falschmeldungen bekanntes Blatt namens National Enquirer, das UFOs fliegen sieht und schon öfter Elvis gesichtet hat, Steve Jobs‘ baldigen Tod vorhersagt und sich dabei auf Ärzte beruft, die nicht einmal Fachärzte sind und ihre Diagnose / Prognose / Weissagung nur aufgrund eines Fotos abgegeben hätten, dann rechtfertigt es keine Meldung.
„Wir hoffen, dass der ‚Enquirer‘ falsch liegt“ – das rettet auch nichts mehr. Müßige Spekulationen über vielleicht retuschierte Aufnahmen machen es nicht besser. Das Fragezeichen hinter der Überschrift bei Gizmodo.de entschärft ebensowenig wie gute Genesungswünsche.
Warum ist eigentlich dieser Beitrag bei Gizmodo.de im Gegensatz zu anderen nicht namentlich gekennzeichnet? War es dem namenlosen Schreiber / Autor / Redakteur / Praktikant / Zeilenschinder / Erfinder / Hellseher / Weissager / Prophet / Verfasser / Kolporteur (Nichtzutreffendes bitte streichen) von Gizmodo.de vielleicht selbst zu peinlich? Und warum haben wir seit sechs Wochen nichts mehr von ihm gehört? Er hat sich doch nicht etwa an seinen eigenen Worten verschluckt?
Screenshot: Gizmodo.de / NetMediaEurope