Inszeniert Apple Steve Jobs‘ Abgang?
Von Bernd Kling am 16. Oktober 2008
Beim Macbook Event achteten fast alle auf die glänzenden neuen Gegenstände, die hochgehalten wurden. Dabei verriet die wie immer sorgfältige Inszenierung der Apple-PR-Maschine viel mehr.
Wie schon bei der letzten Veranstaltung ließ Jobs einen Scherz über seine Gesundheit einfließen, diesmal über seinen Blutdruck. Das Geraune um des Apple-CEOs Gesundheit hat nachgelassen, seit er sich einem Journalisten offenbarte, ihn aber zugleich zum Stillschweigen verdonnerte. Seither gilt als wahrscheinlich, dass sein schon länger sichtbarer Gewichtsverlust nicht auf eine erneute Krebserkrankung zurückzuführen ist, sondern lediglich auf die Folgen einer komplexen Whipple-Operation
Manche, die sich diesem schweren Eingriff unterziehen mussten, stehen anschließend einfach nicht mehr so gut im Futter. Die Hedge-Fond-Manager, schwer in Apple investiert, scheint es jedenfalls so weit beruhigt zu haben, dass ihre Befürchtungen nicht mehr täglich in den US-Wirtschaftspublikationen zitiert werden. Beklagt hatten sie insbesondere, dass Steve Jobs für Apple so vollkommen unverzichtbar sei, keine klare Nachfolgeregelung da, kein Kronprinz in Sicht.
Beim Macbook Event am 14. Oktober wurde er gesehen, der Kronprinz. Er trat neben dem ersten Evangelisten auf, und vor allem, er trat in seinen Farben auf. Blue Jeans, schwarzes Oberteil. Er zeigt, er ist einer wie er. Tim Cook, als Chief Operation Officer (COO) bei Apple Inc. für das weltweite Geschäft zuständig, berichtet dem Boss persönlich. Auf der anderen Seite wurde Steve Jobs von Chefdesigner Jonathan Ive flankiert, nun als „Jony“ Ive den Anhängern näher gebracht. Er durfte aber seinen britischen Akzent wie auch sein dunkelblaues Hemd zur Jeans in hellerem Blau behalten, blieb kleidungstechnisch eigenständig.
Bei jeder anderen Firma wäre das als eher zufällig zu sehen und bedürfte überhaupt keiner Interpretation. Ganz anders bei Apple und Steve Jobs, da bleibt nicht einmal Spielraum für improvisierte Kleidung. Tim und Jony durften außerdem weite Teile der Show als Solounterhalter bestreiten, während sich Steve Jobs bei früheren Gelegenheiten gerne zwei Stunden allein auf der Bühne bewährte.
Jesus Diaz von Gizmodo.com sah und hörte genauer hin als andere und übersetzte das Auftreten der drei Darsteller in die Worte, die der Apple-CEO nicht aussprach: „He, seht her, Apple ist mehr als Steve. Das sind die Typen, die Goodfellas, das A-Team. Sie teilen meine Vision. Und sie werden die Firma weiter nach vorne bringen, wenn ich meinen Chefsessel gegen eine Hängematte und Caipirinhas auf meinem Privatstrand in Hawaii tausche.“
Einen Trost hielt der scharfsinnige Beobachter noch für die Apple-Beseelten bereit: Steve Jobs werde immer bei Apple bleiben, wie auch Bill Gates bei Microsoft bleibt nach seiner Pensionierung. Das am 14. Oktober aufgeführte Spiel sei der Prolog zur neuen Apple-Ära ohne Steve, aber mit Steve.
(bk)