iPhone 4: Apple gibt Gummi (und bestreitet Konstruktionsfehler)

Von am 16. Juli 2010 1 Kommentar 

Modische und kostengünstige Lösung für Empfangsprobleme

Apple konnte das Konstruktionsproblem mit der außen umlaufenden Antenne nicht widerlegen, das nach Labortests durch eine Verbraucherschutzorganisation nicht mehr vollständig zu leugnen war – aber ein echtes Eingeständnis wurde doch nicht daraus. Lange 15 Minuten erging sich Steve Jobs in umständlichen Rechtfertigungen und erklärte auf Fragen der anwesenden Journalisten später kategorisch: „Es gibt kein Antennagate.“

„Wir sind nicht perfekt, Handys sind nicht perfekt“, lautete sein Nicht-Eingeständnis, nach dem er umgehend versicherte: „Wir möchten alle Nutzer glücklich machen.“

Zuerst aber mussten die Teilnehmer der extrem kurzfristig einberufenen Pressekonferenz einen bei YouTube entdeckten Fanboy-Song für das iPhone über sich ergehen lassen. Es folgte eine rechthaberische Demonstration von Steve Jobs, mit der er zu belegen versuchte, dass auch die Geräte anderer Hersteller eine täuschende Darstellung der Empfangsqualität geben. Was natürlich stimmt, aber nicht wirklich das Thema ist, sondern offenbar vom bewiesenen Konstruktionsfehler der außen umlaufenden Antenne des iPhone 4 ablenken sollte, die vom Benutzer auf keinen Fall an einem bestimmten Punkt zu berühren ist, ohne Verbindungsabbrüche zu riskieren.

Jobs argumentierte weiterhin damit, nur 0,55 Prozent aller iPhone-Kunden hätten sich bislang bei Apple Care über Antennen- oder Empfangsprobleme beschwert. Apples eigene Statistiken beweisen demnach, dass ein Problem nicht sein kann, vor dem Jobs lange zuvor durch den führenden Antennenexperten bei Apple gewarnt wurde, wie der Wirtschaftsdienst Bloomberg enthüllte. Zum Anscheinsbeweis erhob Jobs weiterhin die laut Mobilfunkpartner AT&T geringe Rückgabequote des iPhone 4: Die stets loyalen Fanboys als Argument gegen Labortests.

Er legte nach mit „harten Daten“, wiederum vom Exklusivpartner für die USA, wonach iPhone 4 nur eine leicht höhere Quote von Verbindungsabbrüchen habe im Vergleich zu iPhone 3GS – genaue Zahlen dürften nicht genannt werden, damit sie Wettbewerbern dieses Mobilfunkanbieters nicht bekannt werden. Nach Jobs, der sich auf AT&T beruft, kommt es jedoch zu weniger als einem zusätzlichen Verbindungsabbruch auf hundert Verbindungen im Vergleich zu iPhone 3GS.

Nach diesen langen Vorreden kam Jobs endlich zum Punkt. Es kommt natürlich nicht zu einem vollständigen Rückruf, der für Apple Kosten von rund 1,5 Milliarden US-Dollar verursachen könnte. Apple konnte sich aber, wie vielfach erwartet, zur kostenlosen Abgabe von Gummi-Schutzhüllen entschließen. Es gibt einen kostenlosen „Rubber Bumper“ für jeden Käufer eines iPhones bis zum 30. September. Wer bereits 29 US-Dollar dafür ausgab, bekommt den Betrag erstattet.

„Wir lieben unsere Nutzer“

Weiterhin gilt auch, dass Käufer unbeschädigte Geräte innerhalb von 30 Tagen zum vollen Preis zurückgeben können – ein schon zuvor eingeräumtes Angebot, um bereits beantragte Sammelklagen abzuwehren. Jobs schließt mit der mehrfachen Beteuerung: „Wir lieben unsere Nutzer.“

Die in sechs modischen Farben erhältlichen Rubber Bumpers („hergestellt aus beständigem Gummi und Spritzguss-Kunststoff“) sollten eigentlich zum Aufpreis von 29 US-Dollar dazu dienen, die gläserne Vorder- und Rückseite vor Bruch zu schützen. Der Apple-Store preist sie darüber hinaus an als eine „spaßige und einzigartige Weise, Ihr iPhone 4 persönlich zu gestalten“. Die vor Stößen schützenden Hüllen aus Gummi sind zugleich geeignet, die Empfangsprobleme zu verhindern, indem sie eine zufällige Verbindung der Antennenabschnitte durch den Nutzer abschirmen – gerne Todesgriff genannt, auch wenn es sich um die übliche Haltung des Mobiltelefons handelt und insbesondere bei Linkshändern kaum zu vermeiden ist.

Analysten schätzen Apples Kostenaufwand für die Gummi-Lösung auf etwa einen US-Dollar je Hülle. Ich erlaube mir, den Materialaufwand auf jeweils 2,9 US-Cent zu schätzen.

Abbildung: Apple

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Kommentare

Eine Stellungnahme zu “iPhone 4: Apple gibt Gummi (und bestreitet Konstruktionsfehler)”
  1. Christian sagt:

    Mir scheinen in dieser hitzigen und wenig sachlich geführten Diskussion
    einige Dinge ganz wichtig zu sein, die selbstverständlich sind aber immer
    wieder vergessen werden:
    Es gibt keinen Kaufzwang für Apple Produkte !
    Pause und noch mal für die Langsamen unter uns:
    Produkte der Fa. Apple unterliegen keinem Kaufzwang und es gibt auch keine
    Apple Zwangsabgabe die direkt vom deutschen Finanzamt eingezogen wird.

    Die Produkte des Anbieters Apple haben auch kein Alleinstellungsmerkmal bzw.
    begründen ein Monopol ! Für jedes Produkt gibt es ähnliche Produkte von
    Wettbewerbsbegleitern.

    Es gibt daher wenig logisch nachvollziehbare Gründe in bekannten Foren
    wie Heise 800 Kommentare und mehr zu schreiben, als wäre die gesamte
    menschliche Zivilisation bedroht ?!

    Es gibt allerdings auch Schuldige !
    WIR !

    Die ersten kleinen Scheißdinger, auch Handy oder Mobiltelefon genannt waren
    etwa backsteingroß und hatten wunderbare herausziehbare Antennen.
    Ja ihr 20jährigen damit konnte man tatsächlich telefonieren – aber mehr nicht.
    Aber dieses ewig unzufriedene Kundenpack will ja immer mehr, mehr, mehr..

    Ja und ich gestehe es, ich bin froh das es noch Anbieter gibt, die neue Wege
    versuchen und nicht wie der Marktführer Nokia die Entwicklung vor 10 Jahren
    eingestellt haben und uns immer den alten Dreck in neueren Gehäusen
    verkaufen wollen – sorry.