Kindle Single: Amazon kürzt das Buch
Von Bernd Kling am 12. Oktober 2010 1 Kommentar
Ein neues altes Format
Als neues Buchformat für E-Reader ruft Amazon das Kurzbuch namens Kindle Single aus. Es darf einen Umfang zwischen etwa 30 und 90 Seiten haben, liegt damit zwischen der Titelgeschichte einer Zeitschrift und einem „richtigen“ Buch. Der Umfang entspricht aber vielleicht nicht ganz zufällig dem, was einst als Groschenheft, Romanheft, Kurzroman oder Pulp Fiction höchste Auflagen erzielte, heute aber fast keine Rolle mehr spielt im Verlagsgeschäft. Taschenbücher im deutschen Markt waren, wenn auch überwiegend aus Preisgründen, eine Zeitlang auf nur 128 Seiten begrenzt. Und richtig, ein Kindle Single soll auch viel weniger kosten als ein umfangreicheres E-Book.
Fürs Lesen unterwegs, vielleicht auch mit einem Smartphone zwischendurch, könnte sich der begrenzte Umfang als ganz praktisch erweisen. Amazon gibt außerdem vor, den Autoren mehr Freiheit geben zu wollen. Demnach mussten sie sich über ein Jahrhundert lang zwischen dem kürzeren Format für eine Zeitschrift und dem ganz langen für ein Buch entscheiden, weil es der Markt so wollte, weil Marketing und Vertrieb es nicht anders zuließen.
Das ist nicht die ganze Wahrheit. Wenn es Amazon gelingen sollte, das neue E-Book-Format im Alleingang durchzusetzen, haben die etablierten Verlage das Nachsehen. Seit Apple das iPad und den iBooks Store präsentierte, wollen die Verlage zunehmend auch bei Amazon die Preise bestimmen über ein Agenturmodell. Sie hebeln damit auch in den USA den Preiswettbewerb bei Büchern aus, den es in Deutschland aufgrund einer gesetzlich verankerten Buchpreisbindung ohnehin nicht gibt.
Amazon aber setzte von Anfang an auf deutlich günstigere E-Books, um die Verbraucher für das Medium zu gewinnen. Mit dem Single-Format, das die Verlage sicher nur zögerlich annehmen, kann Amazon voll in den Preiskampf gehen und übt damit auch wieder Druck auf die traditionellen Buchverlage aus. Russ Grandinetti, bei Amazon als Vice President für Kindle-Inhalte verantwortlich, drückt es feiner aus:
„Ideen und die Worte, die sie überbringen, sollten entsprechend ihrem natürlichen Umfang gestaltet werden, nicht nach einer künstlichen Länge für das Marketing, das einen bestimmten Preis oder ein bestimmtes Format rechtfertigt.“
Amazon verbindet die Ankündigung mit einem Aufruf, der die Verlage zuletzt erwähnt: „Die heutige Ankündigung ist ein Aufruf an ernsthafte Autoren, Denker, Wissenschaftler, Wirtschaftsführer, Historiker, Politiker und Verleger, sich Amazon anzuschließen und solche Werke für Leser weltweit verfügbar zu machen.“
Abbildung: Amazon
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