Langsamer lesen mit Amazon-Reader Kindle und Apple iPad
Von Bernd Kling am 5. Juli 2010
Papier schlägt Elektronik: Das gedruckte Buch liest sich schneller
E-Books entschleunigen das Lesen, zumindest nach einer Studie des dänischen Webdesignexperten und Usability-Gurus Jakob Nielsen. Die Nielsen Normal Group setzte Leser mit Amazons E-Book-Reader, Apples Medientablet und gedruckten Büchern auf eine Kurzgeschichte von Ernest Hemmingway an. Dabei kamen die Probanden auf echtem Papier am schnellsten durch den Lesestoff. Auf dem iPad verlangsamten sie sich um 6,2 Prozent, auf einem Kindle 2 sogar um 10,7 Prozent.
Eine Erklärung dafür bietet sich mit dem auch durch E-Ink von Kindle und IPS-Display des iPad nicht erreichbaren Kontrast einer traditionellen Buchseite. Das Ergebnis wird kaum Leser von E-Books abhalten, insbesondere für die Lektüre unterwegs. Bildungseinrichtungen wie Unternehmen aber könnten „Zeit ist Geld“ sagen, wenn sie auf verringerte Lesegeschwindigkeit und verlorene Produktivität aufmerksam werden. Weitere Untersuchungen sind angesagt, da Nielsens Studie aufgrund der geringen Zahl von Teilnehmern nicht als gesichert gelten kann.
Die Versuchsleser wurden auch befragt, wie zufrieden sie mit ihrer Leseerfahrung waren. Hier kamen iPad, Kindle und Buch mit 5.8, 5.7 und 5.6 etwa gleich gut weg. Das Lesen am PC allerdings bereitete mit einem Wert von 3.6 das geringste Vergnügen. Nielsen bekam dazu wenig überraschende Kommentare zu hören:
„Ihnen missfielen zum Beispiel das zu schwere iPad und die weniger scharfen Buchstaben des Kindle, die Grau auf Grau erscheinen. Auf Ablehnung stießen auch fehlende echte Seitenzahlen, gut kam die Angabe der verbleibenden Textmenge in einem Kapitel beim iPad oder vielmehr in der iBook-App an.“
Nielsen selbst wertet seine Studie im Ergebnis sogar als ermutigend für die Zukunft von E-Books und Tablets, da schon bald Displays mit höherer Qualität zu erwarten sind: „Aber selbst die gegenwärtige Generation ist fast so gut wie gedruckt in den formalen Leistungswerten – und erzielt tatsächlich eine höhere Zufriedenheit der Benutzer.“
Abbildung: Amazon