Microsoft erobert Netbooks – nicht

Von am 9. April 2009 2 Kommentare 

dell-mini-9-offenMit Statistiken versuchte Microsoft zu belegen, wie gut Windows auch bei den Netbook-Käufern ankommt. Der übliche FUD, sagt dazu Canonical, Anbieter von Ubuntu Linux.

Die gezielt ausgesuchten Statistiken hatten die erwünschte Wirkung, nämlich Überschriften wie „Microsoft erobert den Netbook-Markt“ (PC Games Hardware), „Microsoft verdrängt Linux auf Netbooks“ (Computer Reseller News) oder „Windows jetzt auf 96 Prozent aller Netbooks“ (Computerworld). Hängen blieb davon selbst bei kritischeren Publikationen, es scheine „was dran zu sein“.

Zahllose redundante Geschichten erzählten weiter, was ihnen Brandon LeBlanc von Microsoft vorgekaut hatte: Wie unzufrieden die Käufer von Linux-Netbooks seien, wie entrüstet über das ungewohnte Betriebssystem, wie schnell sie damit wieder zwecks Umtausch in den Läden erschienen. Microsoft habe seine Marktanteile bei Linux, anfangs seien sie sehr niedrig gewesen, bereits auf satte 96 Prozent hochgeschraubt.

Die Analysten der 451 Group weisen zu Recht auf bedenkliche Unstimmigkeiten bei diesen Zahlen hin. Microsoft nennt ausschließlich Umsatzzahlen aus dem stationären US-Einzelhandel, die von der Marktforschungsfirma NPD erhoben wurden. Sie schließen Umsätze über andere Vertriebskanäle, von kenntnisreicheren Verbrauchern oft bevorzugt, nicht ein. Zum anderen machen die Netbook-Umsätze in den USA nur rund 20 Prozent der weltweiten Netbook-Umsätze aus. Auf dem globalen Markt jedoch besetzt Linux nach wie vor 30 Prozent aller Netbooks.

Chris Kenyon, bei Canonical für die Zusammenarbeit mit PC-Herstellern zuständig, nennt das schlicht und einfach FUD, die altbekannte Vernebelungsmethode Microsofts. Er sieht gute Gründe für weitere Linux-Erfolge. Dafür sprächen eine sichere, virenfreie Umgebung, leistungsfähige Open-Source-Software wie Firefox und Open Office, ein schnell bootendes Betriebssystem.

Die von Microsoft behaupteten hohen Umtauschraten könnten jedenfalls nicht gelten bei Netbooks, wenn die Hersteller Linux nicht nur als kostengünstigere Alternative einsetzen, sondern auch auf die gute Abstimmung von Hardware und Software achteten. Ein Gerät müsse unbedingt bieten, was aktuell für Websurfen und Medienwiedergabe unverzichtbar ist. Dazu gehörten ein vorinstallierter Flash-Player, vorinstallierte Codecs für die bedeutendsten Medienformate, ein gut durchgetesteter Schlafmodus der Geräte.

Verzichteten Hersteller auf diesen Aufwand, könnten sie insbesondere technisch weniger versierte Kunden nicht ansprechen. Das bedeute aber keine grundsätzlich geringere Zufriedenheit mit Linux-Netbooks, wie von Microsoft behauptet.

Das allerdings dürften die FUD schleudernden Windows-Propagandisten längst wissen. So war bereits im Februar zu berichten, dass Dell jedes dritte Mini-9-Netbook mit Linux verkauft und sich über zufriedene Linux-Kunden freut.

Zum anderen konnte Microsoft bislang nur mit seinem acht Jahre alten Windows XP im Netbook-Markt Fuß fassen, das viel zu schwerfällige Vista musste draußen bleiben. Und die überraschende Linux-Konkurrenz zwang überdies dazu, XP zu Sonderpreisen an die PC-Hersteller zu verramschen.

Neuerdings setzt Microsoft bei Netbooks alles auf die Karte Windows 7. Für die in Netbooks bislang fast ausschließlich verbauten Atom-Prozessoren sichert Intel jedoch nur die Unterstützung für die eingeschränkten Windows-7-Varianten „Starter Edition“ sowie „Basic Edition“ zu.

Das ist noch ein guter Grund – neben den Android-Plänen einiger Hersteller –, warum im Netbook-Markt erst recht mit Linux zu rechnen ist. Ubuntu-Gründer Mark Shuttleworth sieht in Windows 7 eine Chance für Linux. Er will mit Ubuntu 9.04 „Jaunty Jackalope“ dagegenhalten, das weit schnellere Bootzeiten als Windows 7 erwarten lässt. Neben der Standardversion von Ubuntu, die auf einem Eee PC lauffähig ist, soll eine neue Version von Ubuntu Linux Remixed dafür sorgen, dass ein Netbook „mehr wie ein Gerät der Unterhaltungselektronik als ein PC“ zu erleben ist.

(bk)

Abbildung: Dell

Microsoft über Windows und Netbooks

Canonical über Microsoft, FUD und den Netbook-Markt

Dell verkauft jedes dritte Mini-9-Netbook mit Linux

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Kommentare

2 Stellungnahmen zu “Microsoft erobert Netbooks – nicht”
  1. Sascha sagt:

    Klasse Kommentar!

    Seit Monaten versuche ich den Leuten zu erklaeren, was fuer ein unglaublicher Marketing Spin hier generiert wurde.
    Nach dem Interview von Andy Tung (MSI) mit Laptopmag und der Aussage, dass die RMAs bei Linux Netbooks 4 mal so hoch sind, bin ich fast vom Stuhl gefallen. MSI hat von den Teilen vielleicht max. 10k verkauft mit nem bescheuerten SUSE Enterprise Desktop, der noch nicht einmal die Treiber fuer die Webcam vorinstalliert hatte.

    Diese Aussage wird nicht nur von der Presse aber auch vor allen Dingen von den Analysten Gebetsmuehlenartig wiederholt.

    Im Dezember 08 sprach auf dem Netbook World Summit in Paris ein Maedel von IDC und gab uns deren Einschaetzung. Natuerlich wurde auch hier Andy Tung nicht zitiert, sondern als Fakt praesentiert! Ich kann natuerlich meine Klappe nicht halten und habe Sie waehrend der Q&A Session nach den Quellen gefragt. Averatec und MSI wurden mir dann genannt. Daraufhin fragte ich, wieviele Linux Systeme diese beiden Firmen denn wohl weltweit verkauft haetten? Schweigen im Walde….

    Wenn aber dann der ASUS CEO 3 Wochen spaeter in einem Interview sagt, dass Linux und Windows Eee PCs sich bei den Ruecksendungen nicht unterscheiden, wird dies nirgendwo registriert.

    ASUS hat weit ueber eine Million Linux Eee PCs verkauft (alleine deswegen stimmt die 96% Nummer von MS hinten und vorne nicht), aber hey, sehen wir darueber eine Schlagzeile ausser in einigen Blogs.

    Die Mainstream Medien sind „vermicrosofted“, die Analysten ebenfalls. Willkommen im 21. Jahrhundert, so macht man Marketing!

    😉

  2. christian667 sagt:

    Guter Bericht, aber es heißt nicht
    „Ubuntu Linux Remixed“
    Sondern :
    „Ubuntu Netbook Remix“ (kurz UNR)