Microsoft-Patentklage: Abkassieren für Android

Von am 21. März 2011 3 Kommentare 

Microsoft Redmond Research BuildingWer im Wettbewerb verliert, versilbert die Patente

Horacio Gutierrez, ein Vice President von Microsoft und stellvertretender Chefjustiziar, hat die Patentkriegs-Erklärung als Blogpost ausgerufen. Er erwähnt nebenbei, wie zurückhaltend Microsoft sei in solchen Dingen, schließlich sei es nur die siebte Patentklage in der 36-jährigen Unternehmensgeschichte, die „proaktiv“ von Microsoft selbst ausging. „Wir können aber einfach nicht Rechtsverletzungen in dieser Breite und diesem Ausmaß ignorieren“, begründet er die jetzt eingereichte Klage gegen mehrere Unternehmen, die alle Googles Android OS betreffen.

Wenn Patente mehr als Software bringen

Das verrät nach Jahrzehnten von FUD hinsichtlich behaupteter Verletzungen geistigen Eigentums, wie sehr Microsoft sich getroffen fühlt durch Android. Von Windows Mobile redet selbst Microsoft nicht mehr, die Zukunft von Windows Phone 7 erscheint nach dem Microsoft-Nokia-Pakt erst recht ungewiss. Es scheint Grund genug zu sein, um Plan B einzuleiten, wie er sich schon im November 2010 andeutete. Bei einem Tischgespräch mit Journalisten erklärte Chefjustiziar Brad Smith laut All Things D, einer Publikation des Wall Street Journal:

„Wir würden immer noch lieber Software verkaufen, aber es gibt uns eine Gelegenheit, unsere Kosten wieder hereinzubekommen.“

Das zielte auf Lizenzgebühren nicht etwa für Software, sondern für Patente, die Microsoft als verletzt erklärt. Microsoft machte die Drohung heute wahr durch eine in Washington eingereichte Klage gegen sorgfältig ausgesuchte Unternehmen. Die US-Buchladenkette Barnes & Noble kommt ins Visier durch E-Book-Reader, die mit Googles Android OS laufen. Mit Foxconn bedrängt Microsoft einen Auftragshersteller, der für Apple und zahlreiche andere Marken tätig ist. Mit Inventec Corporation ist ein weiterer taiwanischer ODM-Hersteller betroffen, zu dessen Kunden HP, Acer und Toshiba zählen. Nachdruck verleiht die Tatsache, dass die Klage zugleich bei der Internationalen Handelskommission des USA eingereicht wurde. Microsoft will es wissen.

Die verklagten Unternehmen waren nicht bereit, sich von Microsoft zu Lizenzabkommen drängen zu lassen. Die Attacke zielt auf Barnes & Noble, die führende Buchladenkette der USA, und die von ihr vertriebenen E-Book-Reader Nook sowie Nook Color, die mit dem Betriebssystem Android OS laufen. Barnes & Noble gilt zugleich als finanziell angeschlagen und könnte deshalb zum Angriffsziel geworden sein. Zum anderen könnte Microsoft panisch reagieren, nachdem sich Vermutungen verdichten, nach denen auch Amazon Geräte – Reader oder Tablets – mit Android vorbereitet.

Wie trivial können Patente sein?

Insgesamt 25 Patente von Microsoft sind es angeblich insgesamt, die von Android-Smartphones, Tablets und anderen Geräten verletzt werden. „Android-Patentverletzung: Lizenzieren ist die Lösung“, ist Microsofts Forderung überschrieben. Mit der Klage aber konnte sich Microsoft nicht mehr auf nebelhafte Angaben zu angeblichen Rechtsverletzungen beschränken, sondern musste sie konkret benennen:

„Die von Microsoft geschaffenen Features, geschützt durch die von Nook und dem Tablet Nook Color verletzten Patente, machen den Kern der Benutzerfahrung aus. Die Patente, die wir heute geltend gemacht haben, beschützen zum Beispiel Innovationen wie diese:
– Den Nutzern eine einfache Navigation ermöglichen durch Informationen, die ihre Geräte-Apps bereitstellen durch ein getrenntes Kontrollfenster mit Tabs;
– Die Darstellung des Inhalts einer Webseite ermöglichen, bevor das Hintergrundbild geladen ist, und den Benutzern damit eine schnellere Interaktion mit der Seite ermöglichen;
– Es Apps zu erlauben, den Download-Status darzustellen über dem Inhalt, der herabgeladen wird;
– Es den Nutzern auf einfache Weise zu erlauben, Text in einem Dokument auszuwählen und diese Auswahl anzupassen;
– und es den Nutzern zu erlauben, einen Text mit Anmerkungen zu versehen, ohne das Dokument selbst zu verändern“

Und das ist alles? Hat jemand Trivial-Patente gesagt?

Abbildung: Robert Scoble / CC

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Kommentare

3 Stellungnahmen zu “Microsoft-Patentklage: Abkassieren für Android”
  1. Thomas sagt:

    Meine Güte, ist das lächerlich!

    Das das ganze Patentrecht in den USA ohnehin lächerliche Züge angenommen hat, ist dies hier wohl die Kür. Microsoft muss es ja echt nötig haben.

    Da kommen mir aber auch spontan ein paar Ideen. Ich sollte folgende Patente anmelden:
    – Ein Programm welches es dem Nutzer ermöglicht, Wörter in der korrekten Schreibweise ein zu tippen (z.B. Bahnhof anstatt Baanhoff)
    – Ein Browser/Programm, welches es dem Nutzer ermöglicht, die URL in eine Adresszeile einzutippen.
    – Ein Programm welches es ermöglicht, die vier Grundrechenarten korrekt auszurechnen (z.B. 4+1 = 5 und nicht etwa 4+1 = 10)

    LG,
    Thomas

  2. Niffler sagt:

    Lächerlich ist hier wohl nur der Vorname. MS muss ja ziemlich am Boden sein, wenn sie es unterdessen nötig haben, solche Trotzreaktionen zu starten.

    Ein Grund mehr dafür, dass die Sofwarepatente in den USA abgeschafft gehören.

  3. Microfud sagt:

    Steve Ballmer höchstpersönlich fürchtet um seinen Posten bei MS, wenn winphone 7 scheitert. Die Patentkriege sind reiner Überlebenskampf, genauso wie der Trick, Elop als trojanisches Pferd bei Nokia einzuschleusen. Da geht es schon lange nicht mehr darum, sich mit guten Produkten dem Wettbewerb zu stellen, sondern nur noch um eine persönliche Angelegenheit eines strauchelnden Behemoth.