Microsoft rutscht ab
Von Bernd Kling am 24. April 2009
Das letzte Quartal brachte den ersten Umsatzrückgang in der Firmengeschichte, die Gewinne gingen noch weit drastischer zurück. Eine Trendwende ist nicht in Sicht – nicht einmal Microsoft sieht sie.
Der Umsatzrückgang um 6 Prozent entspricht der allgemeinen Branchenentwicklung und war durchaus zu erwarten. Der Gewinnrückgang um ein rundes Drittel kann auch nicht wirklich überraschen und lässt Microsoft immer noch mit einem stattlichen Überschuss von 2,97 Milliarden US-Dollar zurück.
Aufhorchen lassen die gedämpften Erwartungen, die Microsofts Finanzchef Chris Liddell formuliert: „Wir bleiben vorsichtiger als die meisten. Während wir alle auf eine schnelle und schmerzlose Erholung hoffen, gehen wir bedauerlicherweise davon aus, dass sie langsam und schwierig sein wird.“
Diese Sicht dürfte durch Microsofts eigene Aufstellung mit immer weniger attraktiven Produkten geprägt sein, die im Wettbewerb deutlich schwächeln. Microsoft weist selbst darauf hin, dass zehn Prozent der PC-Umsätze auf Netbooks entfielen. Genau in diesem Bereich, für den weiteres Wachstum zu erwarten ist, konnte Microsoft mit seinem aktuellen Betriebssystem Windows Vista überhaupt nicht landen und musste stattdessen auf das Verramschen des acht Jahre alten Windows XP setzen, das den Netbook-Herstellern für 12 – 15 US-Dollar je Lizenz angedient werden musste.
Microsoft ist mit der Strategie „größer ist besser“ aufgelaufen, wie bei Vista zu sehen, erklärt Allan B. Krans von Technology Business Research. Die gegenwärtige Rezession habe das Verbraucherverhalten in genau die entgegengesetzte Richtung bewegt mit anhaltender Wirkung: „Die Neigung zu vorsichtigen Ausgaben und die Vorliebe für günstigere PCs sind grundlegende Veränderungen im Markt, die nicht weggehen werden, wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung verbessert.“
Den Markt für höherpreisige Computer hingegen hat Apple besetzt und scheint ihn gut halten zu können. Zur schnellen Besserung der eigenen Situation setzt Microsofts CEO Steve Ballmer wieder einmal auf neue Versionen der Betriebssysteme. Vista kehrt wieder im feingetunten Windows 7, das auch auf Netbooks lauffähig ist, aber gleich in sechs Versionen mit teilweise erheblichen Einschränkungen vermarktet wird. Analysten erwarten die beschleunigte Markteinführung von Windows 7 noch vor der neuen Schulsaison im Herbst, die im US-Markt als wichtiges Datum gilt. Mit Windows Mobile 6.5 will Microsoft versuchen, mit RIM, Apple, Palm und Googles Android-OS mitzuhalten. Auch das sieht nach einem verlorenen Wettlauf aus.
Im nächsten Jahr gibt es mal wieder ein neues Office, und eine neue Version von Microsofts Suchmaschine dürfen wir schon in den nächsten Monaten erwarten. Das muss sein, denn obwohl längst in abgeschlagener Außenseiterposition gegenüber Google, ist Microsoft in der Internetsuche noch weiter zurückgefallen, wie die Quartalsergebnisse für die Online-Services ausweisen. Trotz des Erfolgs mit der Spielekonsole Xbox 360 stagnierte der Umsatz in der Sparte Entertainment & Devices. Einen Rückgang bei Umsatz und Gewinn musste auch die Office-Software in der Business-Sparte hinnehmen.
Es ist nicht in erster Linie der schwache IT-Markt, der Microsofts Aussichten so stark trübt. Es sind nicht zeitgemäße Produkte und eine Vermarktungsmaschine, die aus dem Tritt geraten ist.
(bk)
Abbildung: Johannes Hemmerlein
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