Microsoft verkrüppelt Windows 7 “Starter”

Von am 20. April 2009 3 Kommentare 

windows-7-starter-desktopEine „Starter Edition“ soll Microsofts Fahne bei den Netbooks hochhalten, erlaubt aber nur drei Anwendungen gleichzeitig und nervt mit einem unveränderbaren Hintergrund. Der ist grau, für ein wenig Farbe sorgt nur ein Luftblasen blubbernder Fisch. Was will uns Microsoft damit sagen?

„Microsofts riskantes Spiel mit Windows 7 Starter“, so in etwa lässt sich eine irritierte Überschrift des Wall Street Journal wiedergeben. „Ist Windows 7 für Netbooks ein Nicht-Starter?“ fragt PC World. „Microsoft mit seinen eigenen Windows-Waffen geschlagen“, höhnt TG Daily. Ein Betriebssystem, das nur für drei Anwendungen gleichzeitig gut ist, das kommt nur noch als schlechter Witz an.

In dieser absurden Betriebssystem-Komödie zeigt sich ein Softwarekonzern in der Zwickmühle, der noch immer mehr als die Hälfte seiner Einnahmen durch den Verkauf von Windows-Lizenzen erzielt. Die Gelddruckmaschine lieferte allerdings bereits im letzten Quartal des Jahres 2008 um acht Prozent verringerte Einkünfte. Es könnte noch deutlich weniger werden, denn insbesondere im Netbook-Markt hat Microsoft nicht die besten Karten. In genau diesem Markt aber liegt das Wachstum. Die Erbsenzähler von Gartner erwarten eine Zunahme der Netbook-Umsätze in diesem Jahr um 80 Prozent auf 21 Millionen verkaufte Mini-Notebooks, während die PC-Umsätze insgesamt um 12 Prozent sinken könnten.

Mit Googles Android erwartet Microsoft ein für Netbooks geeignetes Linux-OS, mit dem die Verbraucher zugleich über Smartphones immer vertrauter werden, als weiteren Angstgegner. Microsoft aber versucht mit einer kastrierten OS-Version dagegen zu halten. Die Angst vor weiteren Einnahmerückgängen muss groß sein in Redmond, wenn die Firma auf eine solche Vabanque-Strategie setzt.

„Verlässlicher als Windows XP“

Microsoft befürchtet, mit einem günstigen und zugleich leistungsfähigen Betriebssystem die kostspieligeren Lizenzen für Notebooks zu kannibalisieren. Microsoft sagt es nicht, aber Branchenkenner gehen davon aus, dass Microsoft für jeden Rechner mit Windows Vista 50 bis 60 US-Dollar erhält. Zugleich wurde die Firma gezwungen, Windows XP an die Hersteller von Netbooks für nur noch 15 Dollar abzugeben, um den Verlust weiterer Marktanteile im Netbook-Markt zu vermeiden. Und warum sollten die Hersteller mehr ausgeben wollen, wenn ein Windows 7 für Netbooks kommt?

Im Gegensatz zu Vista ist das besser feingetunte Windows 7 auch auf Netbooks lauffähig. Um den Preis von Windows 7 in den übrigen Varianten aber weiterhin hochhalten zu können, wurde die Starter-Version als eine Art Billig-Windows speziell für Netbooks geschaffen. Es ist in der Leistung so stark beschnitten, wie es Microsoft für richtig hält aufgrund des Zwangs, ein Betriebssystem für Netbooks deutlich günstiger anzubieten. Brad Brooks ist bei Microsoft als Vice President für das Produktmarketing zuständig und hebt hervor, Starter sei ein einfacher zu bedienendes und verlässlicheres Betriebssystem als Windows XP. Was die Einschränkungen angeht, kann er sich aber nur winden:

„Wenn Sie Starter auf Netbooks sehen, dann kommt an vielen Stellen der Eindruck auf, dass es eingeschränkt ist. Die Kunden bekommen ein ziemlich robustes Betriebssystem für die Preise, zu denen wir es abgeben.“

Intel geht auf Distanz

Microsoft meint, noch eine Karte im Ärmel zu haben und verspricht sich damit sogar weitere Einnahmen. Mit den Einschränkungen unzufriedene Kunden bekommen gegen Aufpreis ein Upgrade auf eine leistungsfähigere Version des Betriebssystem angeboten. Die vorgesehenen Preise für Starter und Upgrades wollte Microsoft noch nicht verraten.

Ein Vertreter von Acer wiederum, einem der führenden Netbook-Anbieter, wollte nicht sagen, ob seine Firma Windows 7 Starter einzusetzen gedenke. Er wies auf die Schwierigkeit hin, Kunden von einem Betriebssystem zu überzeugen, das nur für drei Anwendungen gut ist, zumal Windows XP solche Grenzen nicht kenne.

Intel-Chef Paul Otellini hatte schon im Februar bei einer Investorenkonferenz erklärt, es sei „aus vielen Gründen echt hart“, wenn Microsoft versuchen wolle, die Kunden zu einem kostenpflichtigen Upgrade der Starter-Version zu überreden.

Von Intel kommen nicht nur skeptische Äußerungen, vielmehr finanzierte Intel aktiv die Entwicklung von Moblin, einem ganz besonders für Netbooks optimierten Linux-OS, das inzwischen an die nicht gewinnorientierte Linux Foundation übergeben wurde.

Mike Magee, Inquirer-Gründer und langjähriger Intel-Beobachter, bestätigt das klare Abrücken. Er hält es „für keine Überraschung, dass Intel mit seinen sehr engen Beziehungen zu Notebook- und Netbook-Herstellern tatsächlich mehr auf der Seite von Linux als der Microsoft Windows 7 Starter Edition steht“.

Microsoft geht seinen Weg allein

Microsoft wäre nicht Microsoft, versuchte man nicht, eigenen Anwendungen Sondervorteile unter diesem eingeschränkten Windows mitzugeben. Der hauseigene Browser Internet Explorer darf laufen, ohne als eine der drei erlaubten Anwendungen zu zählen. Das gilt ohnehin für Windows-Systemdienste und Programme, die sie starten. Das könnte wieder mal Ärger mit EU-Behörden geben, schon das letzte Bußgeld vergessen?

Mit solchen Vermarktungstricks macht sich Microsoft einfach nur noch lächerlich. Ein schlechter Witz scheint das Starter-Windows auch in anderer Hinsicht zu sein. Axel Vahldiek spielte für das Computermagazin c’t mal kurz mit einer „Vorabversion“ von Starter, wie sie bereits im Internet kursiert. Er musste noch viele weitere Einschränkungen zur Kenntnis nehmen, konnte jedoch mit einem ganz simplen Trick die Beschränkung auf drei Programme umgehen. Die Installation eines alternativen Startmenüs wie Pstart genügte, um wieder beliebig viele Programme gleichzeitig aufrufen zu können.

(bk)

Screenshot: Windows 7 Starter, Ausschnitt des Desktops

Zum Thema bei TecZilla:

Microsoft erobert die Netbooks – nicht

Unternehmen zögern auch bei Windows 7

Moblin 2: Intels Geheimwaffe für Netbooks

Bestätigt: Windows 7 in 6 Variationen

Zum Thema im Web:

Wall Street Journal

TG Daily

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Kommentare

3 Stellungnahmen zu “Microsoft verkrüppelt Windows 7 “Starter””
  1. andreasp sagt:

    Hi,

    Jaja die Starter – Edition, – Wie passend, das jene eigentlich nur für Länder der „emerging markets“ bestimmt war…

    Interessanter Schachzug: man käuft sich ein <300 Netbook und
    gibt als erste Website im WLAN (sonst macht es keinen Spass)
    Browser IEx an: Icloud.com:

    Das ist ein vollintegriertes WebOS basierend auf XML und Webservices und kann dann wieder 10 Programme gleichzeitig
    nutzen: Messenger, MusicPlayer, MoviePlayer, Calc, AppDesigner…

    ach das wird ein Spass…

    Microsoft wird sich GANZ WARM anziehen können…

    Sam Ramji for CTO…

    bye andreas (EEEPC 1000H XP/Ubuntu Intrepid [KDE 4.21/GNOME 2.24]
    hihi

  2. Next28081987 sagt:

    Also mal ehrlich, Windows 7 ist ein sehr sehr gutes OS, dabei nutze ich noch die 7000er Build…

    aber wenn die das echt so umsetzten,
    öffnen die Google Haus und Hof, nutzen Sie halt nur noch die Anwendungen im Browser… G-Mail, Kalender und „Text und Tabellen“… ist doch schon alles da… und benötigt nur ein Programm… den Browser… denken die da gar nicht dran?

    Das ist genauso wie die EU nun fordert, das man für YouTube nun den Personalausweis braucht… ich kenn eine Firma, die das total klasse findet… Google… bessere und korrektere Infos gibt es nicht… jeder User ist dann unique mit Name und Adresse… Glückwunsch… -_-

  3. Anno dazumal sagt:

    Ich sage es ja: M$ ist zum Scheißen zu blöd!!