Microsoft: Wenn Windows Phone 7 floppt, kassieren wir eben für Patente

Von am 30. November 2010  

Microsoft Research BuildingVom Softwarekonzern zum Patenttroll?

Der Aussicht, dass sich Windows Phone 7 im umkämpften Smartphone-Markt so wenig durchsetzen kann wie zuvor Windows Mobile, muss sich auch Microsoft stellen. Und hat einen Plan B, um trotzdem gut zu verdienen.

Die neue Bedienoberfläche von Microsofts Handy-Betriebssystem beeindruckte viele Tester, aber zugleich bemängelten sie wesentliche fehlende Features, die bei Smartphones anderer Anbieter längst selbstverständlich sind. Nach aktueller Gerüchtelage will Microsoft angeblich schon bald groß nachbessern mit einem umfangreichen Software-Update. Doch selbst wenn es so kommt, könnte es bereits wieder zu spät sein.

Erste Indizien weisen steil nach unten. Wie etwa aus dem britischen Handel zu hören, hebt Windows Phone 7 gar nicht erst ab und wird vernichtend geschlagen von Android, iOS, Blackberry und auch Symbian. Ein Netzwerk von Online-Händlern berichtet von einem minimalen Marktanteil von nur 3 Prozent, den Smartphones mit Windows Phone 7 besetzen konnten. Selbst Geräte mit Symbian 3 verkauften sich im Verhältnis 3 : 1 besser, insbesondere dank Nokia N8. Nachfragen im stationären Handel bestätigten die geringe Nachfrage nach Windows Phone 7.

„Wir würden lieber Software verkaufen“

In diesem Zusammenhang lässt umso mehr aufhorchen, was Microsofts Chefjustiziar Brad Smith bei einem Tischgespräch mit Journalisten zu sagen hatte. Er deutete einen Plan B an, um doch noch richtig gut zu verdienen und die Investitionen wieder hereinzuholen. Nach seiner Einschätzung könnten Patente auf Dauer wesentlich mehr als das bringen, was Microsoft bislang mit der Lizenzierung von Windows Mobile und jetzt Windows Phone 7 in die eigenen Kassen spülen konnte.

Es müssen schwere Zeiten für ein Unternehmen sein, wenn ein Chefjustiziar zuständig ist, um eine Gewinnperspektive aufzuzeichnen, die nicht mehr auf eigenen Produkten beruht. Das Geschäftsmodell, das auf Patente statt Software setzt, ist Smith dann doch etwas unangenehm. „Wir würden immer noch lieber Software verkaufen“, erklärte er, „aber es gibt uns eine Gelegenheit, unsere Kosten wieder hereinzubekommen.“

Patente verteuern jedes Handy um 20 US-Dollar

Bei Mobiltelefonen fallen derzeit für jedes einzelne Gerät Lizenzzahlungen von rund 20 US-Dollar nur für die Patente an, die überwiegend an Qualcomm gehen. Die Patente für Smartphones halten laut Smith vor allem Microsoft und Apple, die sich damit gegenseitig in Schach halten und ihre Patente teilweise austauschen.

Apple hat sich inzwischen aggressiv auf Patentstreitigkeiten mit fast allen großen Smartphoneherstellern eingelassen, deren endgültige Klärung frühestens in Jahren zu erwarten ist. Microsoft hingegen versucht einen Hersteller nach dem anderen zu Patentzahlungen zu drängen: „Durch die mit HTC geschlossene Vereinbarung haben wir klar signalisiert, dass wir zu geschäftlichen Verhandlungen bereit sind, wenn es um Lizenzierung geht.“

In Microsofts Blickfeld sind insbesondere die Anbieter von Android-Smartphones, die immer schneller Marktanteile gewinnen. Sollten Hersteller nicht willig sein zu „vernünftigen“ Lizenzgebühren, droht Microsofts Chefjurist gerichtliche Klagen und Einstweilige Verfügungen an. Smith sagt außerdem voraus, dass sich die Auseinandersetzungen um Patente von Smartphones auf Tablets ausweiten – und erwartet dort noch höhere Einnahmen.

Abbildung: Robert Scoble / CC

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