Patentangst: App-Entwickler meiden die USA

Von am 17. Juli 2011 1 Kommentar 

Programmieren im Minenfeld der Patente

Gute Gründe, sich vor unkalkulierbaren Patentattacken zu fürchten, haben neben den Geräteherstellern auch die Entwickler von Anwendungen. Alle Smartphone-Hersteller sind gleichermaßen auf deren harte Arbeit und ihren Einfallsreichtum angewiesen, vermögen sie aber selbst nicht vor Klagen aufgrund von Softwarepatenten zu schützen.

Aktuell zum Angriff setzt das indische Unternehmen Kootol Software aus Mumbai an mit einem frisch angemeldeten Patent, das die Kommunikation zwischen zwei Benutzern beschreibt sowie das Abonnieren der Postings des jeweils anderen Nutzers über ein Netzwerk (hat jemand Twitter gesagt?). Kootol meldete bereits Ansprüche dafür an bei Microsoft, Apple, RIM, Nokia, Google, Yahoo, Amazon, IBM und anderen.

Das sollte man nicht ernst nehmen müssen, aber in der Folge betreffen solche Absurdidäten eben auch die App-Entwickler, die sich keine eigene Rechtsabteilung oder gar ein eigenes Patentportfolio für Gegenklagen leisten können. Entwickler für Apples iOS wie Googles Android sind derzeit zahlreichen Klagen von Lodsys ausgesetzt – obwohl dieses Unternehmen eine gültige Lizenzvereinbarung mit Apple abschloss, will Lodsys zusätzlich auch noch alle App-Entwickler abkassieren.

Erste Entwickler werfen das Handtuch, weil sie keine sichere Zukunft mehr für sich sehen. Der britische Entwickler Simon Maddox hat alle Anwendungen aus US-Appstores sowohl für iOS als auch Android entfernt. Gegenüber dem Guardian erklärte er, aufgrund des hohen Risikos von Patentklagen sei es „viel zu gefährlich, Geschäfte in den USA zu machen“.

Gefährliche Geschäfte in den USA

„Software in den USA zu verkaufen, hat bereits einen nicht mehr hinnehmbaren Wendepunkt erreicht“, pflichtet mit Shaun Austin ein weiterer Entwickler bei. Der schottische Entwickler Fraser Speirs, der Anwendungen für Mac OS X sowie iOS schrieb: „Ich beginne mir ernsthafte Sorgen zu machen über meine Zukunft als Softwareentwickler aufgrund dieser Patentfragen.“

Der US-amerikanische Entwickler Craig Hockenberry schreibt seit über 30 Jahren Software und ist Chef von Iconfactory, bekannt unter anderem durch Twitterific für Mac, empfindet das Programmieren inzwischen als Minenfeld, das die Zukunft der unabhängigen Entwickler bedroht. Die Appstores haben ihnen zwar ein breiteres Publikum und mehr Einnahmen zugeführt, berichtet er, setzt sie aber zugleich einer existenziellen Bedrohung aus. Es gebe Leute in diesem neuen Markt, die die Ergebnisse ihrer harten Arbeit beanspruchen wegen angeblicher Patent- oder Copyright-Verletzungen. Das Bedrohliche daran sei, dass sich solche Verletzungen aus jedem Teil eines Produktes oder einer Website ergeben könnten, ohne dass auch nur zu ahnen sei, wenn damit „geistiges Eigentum“ verletzt wird.

Hockenberrys Schlussfolgerung in der Kurzform von Twitter: „Ich wurde ein unabhängiger Entwickler, um über mein eigenes Schicksal zu bestimmen. Das ist heute nicht mehr möglich.“

Abbildung: Christiano Betta / CC

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Kommentare

Eine Stellungnahme zu “Patentangst: App-Entwickler meiden die USA”
  1. DiableNoir sagt:

    Patente sind nur mehr eine Lizenz zum Gelddrucken. Kleine Entwickler können sich keine Leisten, große Unternehmen müssen sie sich leisten.

    Microsoft traf der Verkaufsverbot von Word, Samsung und HTC dürfen wegen Klagen von Apple bald keine Phones und Tablets mehr in die USA schippern, Apple versucht auf Biegen und Brechen den Namen „App Store“ anderen zu verbieten,…

    Wie viele Millionen wurden den schon wegen solcher Streitigkeiten verbraten? Urheberrecht und Patente verhindern ständig Fortschritt und Entwicklung. Dabei waren diese ursprünglich für den Schutz von kleineren Unternehmen gedacht. Die dürfen sich heute aber teuer in Patentpools einkaufen und häftig Lizenzkosten abdrücken.