Ralph Lauren und die unglaubliche Photoshop-Affäre

Von am 10. Oktober 2009  

Ralph Lauren PhotoshopDer Modemacher hat ein echtes Photoshop-Desaster angerichtet. Ein mit der Bildbearbeitung manipuliertes Model magerte ab auf extrem verschobene Maße, so wenig anatomisch wie lebensfähig. Um aufkommende Kritik zu ersticken, reagierten die Modekünstler höchst unsensibel mit der juristischen Keule.

An den Anblick vorpubertär anmutender Girliekörper muss sich gewöhnen, wer ein Modemagazin aufschlägt. Wirkt eine Modeträgerin nicht schon wie ein Vorbild für Magersüchtige, sorgt die Bildbearbeitung aus dem Hause Adobe für gezielte Abhilfe. Mit lebensfremden, kurvenlosen und mitunter komischen Erscheinungen.

Auf die Nadelspitze der Anorexie trieben es die Fotomanipulateure von Ralph Lauren. Um für die Eröffnung eines neuen Ladens zu werben, gaben sie sich ganz ihren Fantasien hin und schufen einen wirbellosen, wie aus Plastilin geformten Körper. Mit so seltsamen Proportionen, dass sogar lebhafte Spekulationen über eine mögliche Fälschung des Werbemotivs aufkamen. Das Becken wies einen geringeren Umfang auf als der Kopf, wie Xeni Jardin von BoingBoing auffiel.

Da das Blog die krasse Bildmanipulation durch Wiedergabe des hochwertigen Werbemittels zu belegen versuchte, schlug Ralph Lauren zurück mit einer Abmahnung nach dem Digital Millenium Copyright Act (DMCA). Der durch dieses Gesetz nicht gedeckte Versuch, Kritik mit urheberrechtlichen Argumenten abzublocken, ging ebenfalls daneben. Schließlich wäre gerade in diesem Fall eine Kritik am Werbemotiv praktisch unmöglich, ohne sie mit einem Bildzitat zu verdeutlichen.

Ralph Lauren PhotoshopZwar verschwand die Abbildung zunächst bei Photoshop Disasters, einer auf solche und ähnliche Photoshop-Katastrophen spezialisierten Site. BoingBoing („Die Kritik, die Ralph Lauren euch nicht sehen lassen will“) jedoch blieb standhaft, wiederholte die Kritik. Versuchte Ralph Lauren das mit dem Internet zu erklären und bot den Models nahrhafte Suppe und Sandwiches an. Der Streisand-Effekt setzte ein.

Durch den voreiligen Einsatz der Anwälte beflügelt, folgte dem Photoshop- ein Public-Relations-Desaster. Das britische Boulevardblatt Daily Mail stellte dem per Photoshop entstellten Model Filippa Hamilton zum Vergleich eine wahrhaftigere Aufnahme („Größe 8“) gegenüber.

Dazu zitierte das Blatt Kritiker, die einen verheerenden Zusammenhang zwischen gefährlichen Essstörungen und den so propagierten Schönheitsidealen der Modebranche sehen. Der Modedompteur trat umgehend den Rückzug an und blies zur Krisen-PR, versprach mit gesetzten Worten bessere Photoshop-Kunst:

„Wir haben in über 42 Jahren eine Marke aufgebaut, die auf Qualität und Integrität beruht. Nach weiterer Nachprüfung haben wir erkannt, dass wir für die mangelhafte Bildbearbeitung und Retusche verantwortlich sind, die zum stark verzerrten Bild eines weiblichen Körpers führten.
Wir haben uns mit dem Problem befasst und werden künftig jede Vorsichtsmaßnahme treffen, um sicherzustellen, dass die Maßstäbe unserer Illustrationen unsere Marke angemessen repräsentieren.“

(cw)

Zum Thema bei TecZilla:

Aus Schwarz mach Weiß: Wie Microsoft sich mit Photoshop versuchte

Zum Thema im Web:

BoingBoing

ABC News

Abbildung: Ralph Lauren

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