Spaß mit Bing: Die 10-Milliarden-Dollar-Wette

Von am 15. Juli 2009  

microsoft-ballmerNach den ersten Jubelmeldungen kehrt Ernüchterung ein. Die Microsoft-Suchmaschine Bing konnte nur minimal zulegen. Steve Ballmer aber verwettet Microsofts Zukunft.

Die höchste Wasserstandsmeldung kommt natürlich von Microsoft selbst. Interne Auswertungen hätten im Startmonat Juni einen Aufschwung von 8 Prozent an Unique Visitors für die getunte und umbenannte Suchmaschine ergeben. Auf frühe Zahlen von Comscore beriefen sich zahlreiche Berichte über einen angeblichen Vormarsch von Bing im Suchmaschinenland.

Weniger beeindruckend sind die Zahlen der Rating-Dienste Hitwise und Compete, die Searchengineland ausführlich präsentiert. Sie weisen einen Zugewinn Bings im Vergleich zum Mai von 6,2 auf 6,5 Prozent aus. Das sind magere 0,3 Prozent des Marktes nach einer 80 – 100 Millionen US-Dollar teuren Werbekampagne und höchster medialer Aufmerksamkeit. Ein paar Nutzer wurden neugierig und haben mal probiert, mehr nicht.

Geld in Microsofts Kassen hat es andererseits nicht gespült. Die Marktforscher von SearchIgnite berichten von flachen Werbeeinnahmen unter sechs Prozent. Das ist die Ebene, auf der Microsoft seit einigen Jahren mit dabei ist in einem Markt, den Google mit großem Abstand anführt.

Richtig vernichtend für Ballmers Bing-Träume aber ist eine Umfrage, die ein Analyst von JP Morgan durchführte. Demnach haben nach der aufwändigen Kampagne 59 Prozent der erwachsenen Internet-Nutzer in den USA von Bing gehört. Nur jeder vierte wurde neugierig genug, Bing zu probieren. Von denen, die es mal probierten, haben nur 39 Prozent mehr als fünf mal gebingt. Die Studie legt den Schluss nahe, dass 98 Prozent der Nutzer nicht zu Bing wechseln werden. Die es eventuell tun, werden wiederum nicht von Google, sondern von AOL und Ask kommen.

Microsofts CEO aber ist bereit, das Tafelsilber und mehr zu verbingen. In einer Durchhalterede bei Microsofts Worldwide Partner Conference in New Orleans hängte er sich gestern noch einmal aus dem Fenster, um seine Truppen zusammenzuhalten. Ballmer erklärte sein Bing zu einer „Demonstration unserer Zähigkeit und unseres Einsatzes, wie man es noch nie gesehen hat“.

Nach dem Start von Bing erhöhte Ballmer den Einsatz bereits drastisch. Er erklärte vollmundig seine Bereitschaft, über die nächsten fünf Jahre jeweils fünf bis zehn Prozent von Microsofts Erträgen (operating income) in die Suche zu investieren. Selbst bei gleichbleibender geschäftlicher Entwicklung sind das 5,5 bis 11 Milliarden US-Dollar, wie Business Insider hochrechnet.

Wie aussichtsreich ist Steve Ballmers Wette über 5,5 bis 11 Milliarden Dollar? Warum wirft Microsoft gutes Geld schlechtem Geld hinterher? Könnte es mit Google-Neid zu tun haben, von dem Microsoft zerfressen ist, wie es ein Investor sieht?

Microsoft hat bereits Hunderte von Millionen Dollar jährlich in sein Internet-Business investiert, seit über einem Jahrzehnt, und damit noch keinen einzigen Dollar gemacht. Tatsächlich addieren sich Microsofts Verluste im Online-Geschäft bereits zu einem ähnlichen Betrag, wie ihn Microsoft in den nächsten fünf Jahren investieren will, nämlich 8 Milliarden US-Dollar.

So rechnet es uns Henry Blodget von Business Insider vor. Der kann rechnen. Kann auch Microsoft-CEO Steve Ballmer rechnen?

(bk)

TecZilla macht Spaß mit Bing

Zum Thema im Web:

Searchengineland

Cnet

Channelweb

Business Insider

Abbildung: gabofr / CC (Steve Ballmer beim MVP Global Summit 2008)

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