Toyota-Horrorfahrten: Alles nur erfunden?

Von am 15. März 2010 3 Kommentare 

Die Zahl der Berichte über unbeabsichtigte Beschleunigung steigt, aber viele von ihnen sind mehr als unglaubwürdig – und warum sitzen vor allem ältere Fahrer in rasenden Toyotas?

Es erinnert zunehmend an die Probleme, die Audi vor Jahrzehnten in den USA hatte. Ende der 1970er und Anfang der 1980er erlebte Audi ein ganz ähnliches Debakel, da es angeblich zu einer Unfallserie durch unbeabsichtigte Beschleunigung kam mit Fahrzeugen vom Typ Audi 100, in den USA als Audi 5000 angeboten. Jahre später bestätigte die zuständige US-Sicherheitsbehörde, dass es nichts mit technischen Problemen zu tun hatte, sondern mit einer schlichten Fehlbedienung durch Fahrer, die das Brems- mit dem Gaspedal verwechselten.

Die Klärung half Audi wenig, denn nach den Negativschlagzeilen sollte es weit über ein Jahrzehnt dauern, bis sich die eingebrochenen Umsätze wieder erholten. So hart wird es Toyota vermutlich nicht treffen, da das Unternehmen weit stärker im US-Markt präsent ist.

Konkurs, dann unbeabsichtigte Beschleunigung

Den Wendepunkt in der Medienberichtstattung könnte der Zwischenfall mit einem Toyota Prius darstellen, über den auch in Deutschland ausführlich und sensationsheischend berichtet wurde. Ein Immobilienmakler setzte per Handy einen Notruf ab und suchte Hilfe bei Polizisten in einem Streifenwagen, die ihm beim Abbremsen seines angeblich unbremsbaren Fahrzeugs beistanden – voll filmreif mit einem Manöver, mit dem sich der Streifenwagen vor den Prius setzte.

Es könnte eine Inszenierung gewesen sein. Der US-Autoblog Jalopnik bekam Hinweise und forschte nach. Überraschung, der Makler und seine Frau hatten erst 2008 eine Pleite hingelegt und waren mit gut 700.000 US-Dollar verschuldet. Zu den geschäftlichen Aktivitäten von Toyota-Panikfahrer James A. Sikes gehört eine Rotlicht-Website namens AdultSwingLife.com. Angeblich neigte er zudem dazu, seiner Versicherung des öfteren gestohlene Wertgegenstände zu melden. Die Raten für den rätselhaft beschleunigten Toyota habe er auch schon länger nicht mehr bezahlt.

Der Audi-5000-Effekt

Es hört sich ganz nach einer Geschichte mit unterhaltsamen Fortsetzungen an. Weit aufklärender aber ist ein nüchterner Blick in die Statistik der bislang berichteten „ungewollten Beschleunigungen“. Hier findet sich ein seltsamer Trend: Je grauer die Haare eines Fahrers werden, desto häufiger neigt sein Fahrzeug dazu, sich ganz ohne sein Wollen zu beschleunigen.

Beschleunigen Toyotas vor allem bei älteren Fahrern?

The Atlantic nahm sich die Statistiken vor und stieß auf Auffälligkeiten, die kaum zu übersehen sind. Soweit bei den Toyota-Zwischenfällen auch das Alter des Fahrers bekannt wurde, waren es weit überproportional ältere Fahrer zwischen 60 und 89. Die am häufigsten beteiligte Altersgruppe liegt bei 70 – 80, gefolgt von 60 – 70, wiederum gefolgt von 50 – 60. Die überwältigende Mehrheit der betroffenen Fahrer ist über 55 Jahre alt. Und kann es sein, dass technische Fehler oder gar vermutete Softwareprobleme Fahrer ab einem bestimmten Alter diskriminieren? Wie kann es sein, dass das Phänomen der „rasenden Toyotas“ vor allem vom Alter der Fahrer abhängig ist?

Auf mögliche Fahrfehler könnte auch verweisen, dass die meisten Zwischenfälle beim Losfahren mit einem zuvor geparkten Fahrzeug, an einer Ampel oder einem Stoppschild erfolgten. Die Statistik lässt uns weiterhin wissen, dass die Mehrzahl der Fälle mit einer möglicherweise gewinnbringenden Klage gegen Toyota verbunden ist oder einem Fahrer, der selbst eine strafrechtliche Anklage befürchten muss – oder beides.

Es sieht zunehmend nach typischen Fahrfehlern aus, die Toyotas Medienkrise auslösten. Die Rückkehr des Audi-5000-Effekts nach mehreren Jahrzehnten?

Screenshot: Atlantic

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Kommentare

3 Stellungnahmen zu “Toyota-Horrorfahrten: Alles nur erfunden?”
  1. der fragende sagt:

    kann es nicht einfach sein das junge leute wie ich eher auf etwas sportlicheres stehen und nicht auf ein auto das eher bei älteren/vernünftigeren beliebt ist???

    mein opa fährt einen und 2 arbeitskollegen auch, der eine ist 53, der andere 57!

    aber das mit dem makler ist auf jeden fall komisch *grübel*

    LG

  2. DR sagt:

    Kann es sein, dass die genannte Statistik überhaupt nicht zutrifft? Zählt man die Fälle zusammen, dann sind es insgesamt 35. Andere Quellen nennen aber 20 bis über 50 Tote, mehrere Hundert Unfälle und über zweitausend (!) berichtete Fälle von „unintended acceleration“. Quelle z. B. Seattle Times.

    Es ist also denkbar, dass die hier herausgesuchten 35 Fälle nicht statistisch relevant sind. Davon abgesehen müsste man sie zunächst einmal zur Altersstruktur der Fahrer in Beziehung setzen. Vielleicht bevorzugen ältere Fahrer ja Toyotas?

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