Warum Apple Flash beseitigen will

Von am 19. Februar 2010 2 Kommentare 

Apple-CEO Steve Jobs ist persönlich in Sachen iPad-Promotion unterwegs, versucht Verlage und TV-Sender von Apples Medientablet zu überzeugen. Sie sollten nur nicht wagen, ihn nach Flash zu fragen. Und schon gar nicht laut über Apples Strategien nachdenken.

Er hat Adobes integrierte Entwicklungsumgebung offenbar als konkurrierende Plattform ausgemacht und feuert aus allen Rohren. Das durften beispielsweise die Redakteure des Wall Street Journal erleben, denen er ebenso wie der New York Times und dem Sender Fox News einen Besuch abstattete. Offenbar unter den üblichen Umständen manischer Geheimhaltung, wie ein Tweet von Redaktionsleiter Alan Murray verriet:

„Ich muss sagen, Apples verbreitete Paranoia hinsichtlich der Berichterstattung ist wirklich ungewöhnlich – aber damit verrate ich nichts, was nicht schon alle wussten.“

Das war offenbar schon zu viel und fiel vermutlich einer persönlichen Jobs-Intervention zum Opfer, denn der Tweet wurde umgehend wieder gelöscht. Immerhin mussten die Redakteure keine körperlichen Angriffe hinnehmen wie der Reporter von Reuters, der von Sicherheitsleuten des Apple-Lieferanten Foxconn in die Flucht geschlagen wurde.

Anhören aber mussten sie sich nicht nur Jobs Verkündigung einer schönen neuen Welt mit dem iPad, sondern auch seine Tiraden gegen Flash. Der Leidensdruck brachte sie offenbar dazu, sie schließlich trotz aller Geheimhaltungskapriolen nach außen dringen zu lassen.

Wie andere Publikationen nutzt das Journal Flash nicht nur zum Abspielen von Videos, sondern erstellt damit Slideshows, interaktive Infografiken und News-Anwendungen. Die Redakteure konnten daher nicht anders, als sich vorsichtig nach Flash auf dem Apple-Tablet zu erkundigen. Jobs reagierte darauf offenbar noch heftiger als bei seiner vorhergehenden Adobe-Schmähung vor versammelten Apple-Mitarbeitern.

„Eine sterbende Technologie“

Ein „CPU-Fresser“ sei Flash, eine Quelle von Sicherheitslöchern, eine sterbende Technologie. Zum Tode verurteilt durch Apples entschiedene Flash-Abstinenz: „Wir verwenden keine große Mühe auf alte Technologien.“

Jobs verstieg sich – natürlich mit aktiviertem Realitätsverzerrungsfeld – zu der Behauptung, Flash könne den Prozessor drastisch auslasten und die Akkulaufzeit des iPad von zehn auf nur noch eineinhalb Stunden sinken lassen.

Jobs verglich Flash mit anderen Technologien, die Apple erledigt habe wie etwa das Floppy-Laufwerk, Anschlüsse wie Firewire 400 und sogar die CD, deren Verkaufsrückgänge er iPod und dem iTunes Store zuschrieb. Vergleichsweise „trivial“ sei es, Flash aus dem Verkehr zu ziehen. Er trug den Zeitungsleuten an, Videos mit H.264 zu erstellen, einem durch zahlreiche Patente geschützten und kostenpflichtigen Format. Dieser schlichte Ratschlag ist allerdings nicht dienlich, Flash als Entwicklungsumgebung zu ersetzen – und darin liegt der eigentliche Grund für Jobs‘ Attacken, denn wenn es nach Apple geht, läuft alles über den eigenen App Store.

„Apple bald wie Microsoft“

Seit den Jobs-Auftritten scheinen die Verlage deutlich kritischer auf Apple und die Tablet-Versprechungen zu reagieren. Nach einem Bericht der Financial Times laufen zähe Verhandlungen über den möglichen Vertrieb von Zeitungen wie Zeitschriften über Apples kommenden iBook Store. Insbesondere wollen die Verleger beim Vertrieb über das iPad weiterhin über die Abonnentendaten verfügen und sie nicht ausschließlich Apple überlassen.

Zum anderen will es ihnen nicht gefallen, dass es Apple gefällt, auch bei Zeitungs- und Zeitschriftenabos auf Dauer einen Anteil von 30 Prozent einzubehalten: „30 Prozent auf immer und ewig, das macht eine ganz neue Rechnung auf“, ließ sich ein namentlich nicht genannter Verlagsmanager zitieren.

Wenige Tage nach Jobs‘ Besuch erschien im Wall Street Journal ein ungewöhnlich meinungsfreudiger Kommentar des leitenden Redakteurs Holman Jenkins mit der Überschrift „The Microsofting of Apple?“ Apples Börsenkapitalisierung könnte demnach in diesem Jahr Microsoft überflügeln und Apple in der Folge werden wie Microsoft:

„Ein Unternehmen, das vor allem mit Produkten beschäftigt ist, läuft Gefahr, ein Unternehmen zu werden, das vor allem mit Strategie beschäftigt ist. Und mit ‚Strategie‘ meinen wir Nullsummen-Manöver gegen verhasste Rivalen.“

Wir ahnen es, im weiteren geht es um Apples Strategie gegen Adobe Flash. Apple habe eine strategische Entscheidung getroffen, um seine Nutzer von einer großen Vielfalt an Webinhalten abzuschneiden. Es sei Flash-Jüngern zu überlassen, es gegen Vorwürfe wie Bugginess zu verteidigen. Flash sei aber aus guten Gründen verbreitet und Voraussetzung für viele Medieninhalte, von TV-Serien bei Hulu.com bis zu Spielen bei Facebook.

Wohin führt der von Apple eingeschlagene Microsoft-Weg? Das Journal zeichnet – exakt eine Woche nach Steve Jobs‘ Besuch in der Redaktion– eine düstere Vision:

„Netzwerk-Effekte können zu Macht und Reichtum führen, aber (wie Microsoft vorgeführt hat) viele der Erlöse können auch am Ende verschwendet werden für defensive und paranoide Versuche, die privilegierte Position zu sichern. Experten haben darüber nachgedacht, was aus Apple werden könnte, wenn sein Chef-Ästhet und Perfektionist nicht mehr das Sagen hat. Ein Apple, das zunehmend schrottige Geräte ausstößt, nur um mehr und mehr Kunden im Einkaufszentrum iTunes / App Store einzuschließen, das ist eine bedrückende Möglichkeit.“

(bk)

Abbildung: Mylerdude / CC (Apple-CEO Steve Jobs)

Diese Icons verlinken auf Bookmark Dienste bei denen Nutzer neue Inhalte finden und mit anderen teilen können.
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • TwitThis



Kommentare

2 Stellungnahmen zu “Warum Apple Flash beseitigen will”
  1. Anonymous sagt:

    „Wenige Tage nach Jobs’ Besuch bei Apple“
    hmm, so könnte man es natürlich auch sehen… 😉

  2. Steve J. sagt:

    Jetzt hab ich total den verstand verloren….